Optimist und „trotzdem“ positiv!
Optimist und "trotzdem" positiv!
Verteil-Donnerstag vom 14.11.2024
Manchmal fällt es schwer, zweckoptimistisch oder positiv zu sein, es passiert einfach zu viel in meinem Umfeld, bei meiner Arbeit für und mit obdach- und wohnungslosen sowie mit armen Menschen. Ich bin eigentlich von Grund auf, ein positiver Mensch, der immer das Glas halbvoll sah, und nicht halbleer. Doch wenn sich Dinge bzw. Vorfälle mehren, die mich immer wieder tief betrüben, weil irgendein Mensch irgendwo glaubt, mir oder einem meiner Schützlinge eines auswischen zu müssen, dann macht mich das zuerst traurig und später dann wütend, und, ich weiß, dass diese Wut alles andere als gut für mich ist, aber ich bin vom Grunde auf ein Gefühlsmensch, der grade in so einer Situation sehr oft gegen seine Emotionen kämpft, diese oft im Ansatz schon abwürgt um nicht in einen negativen Strudel zu kommen, den ich dann so schnell nicht mehr stoppen könnte, das wäre nicht gut.
Heute wurde mir mitgeteilt, dass ich mich in meinen letzten Postings als „Opfer“ darstellte und erklärte, das liebe Leute, war nie meine Intention oder meine Absicht, ich bin kein Opfer und verweigere auch diese Rolle. Was mir aber seit 2018, seitdem wir den Verteil-Donnerstag machen, immer wichtig war und ist, ist authentisch und ehrlich zu sein und nicht Dinge verdreht darzustellen, das ist mir wichtig. Ich möchte Euch Woche für Woche in meinen Postings virtuell abholen und Euch in den Verteil-Donnerstag mitnehmen, Euch erzählen was genau passierte und warum manches dort von uns nicht akzeptiert oder geduldet wird, das hat aber mit Pessimismus oder negativer Sichtweise wenig zu tun, sondern dass ich hier ehrlich versuche, die Realität rhetorisch abzubilden, auch wenn es einmal nicht so gut läuft für mich oder mein Team bzw. Verein, möchte ich offen und ehrlich erzählen dürfen, was passierte, ohne dass ich gleich virtuell hingerichtet werde.
Ich bin weder Opfer noch Täter, noch bin ich launisch oder, wie es einmal jemand behauptete, Zitat: „Walter, ich kenne dich zwar nicht gut aber ich glaube du bist ein abgrundtief böser Mensch“. Bumm, das saß! Nein, ich bin weder böse noch nachtragend, noch trage ich eine unbegründete Wut oder gar Hass in mir, der unkontrolliert ausbrechen könnte. Diese Person, die diesen Satz sagte, zeigte kurz danach vor vielen Zeugen, welches Geisteskind sie ist, da sie und ihr Mann vieles im Verein kaputt machten, habe ich ihnen empfohlen sich einen anderen Verein zu suchen, wenn das Gesagte ihr Ernst ist, was der Fall war. Hier waren Beschimpfungen und Beleidigungen und tiefgreifende selbst geschmiedete Entscheidungen die absolut anmaßend waren, an der Tagesordnung, und das will niemand hören und solche Menschen braucht einfach wirklich kein Verein.
Ich versuche es heute in meinem Posting mit positiver Sichtweise und entsprechender Artikulation. Da gibt es zurzeit einiges an Positivem zu erzählen, was gerade passiert.
Wir haben jedes Jahr am letzten Verteil-Donnerstag vor Heilig Abend, entweder pikante Knödel oder Gulasch oder ähnliches, das wir an unsere Schützlinge austeilen, seit etwa 6 Jahren bemühen wir uns, das auch so beizubehalten, oft mit Unterstützung aus der Gastronomie, oft aus eigener Kraft.
Diesmal jedoch bekommen wir ein besonderes Weihnachtsessen an diesem letzten Verteil-Donnerstag vor Weihnachten, von einer jahrelang treuen Spenderin, die erst vor Kurzem ein ganzes Auto voller Spenden aus dem Innviertel, aus meiner alten Heimat, zu uns brachte. Jaqueline hat mich gestern angeschrieben und mich gefragt ob wir schon ein Weihnachtsessen für unsere Schützlinge haben, was ich verneinte. Ich überlege schon seit Wochen, wo wir dieses Weihnachtsessen heuer anfragen bzw. wie wir dieses Essen organisieren könnten, und nun löst sich diese Frage in Luft auf und unsere durchschnittlich 100 Schützlinge bekommen diesmal ein echtes Rindsgulasch, mit Knödel (oder eventuell Nudeln) und Salat. Grandios! Diese Spende ist nicht nur ein enormer finanzieller Kraftakt, sondern auch eine logistische Gratwanderung und Herausforderung, denn Jaqueline liefert uns dieses Gulasch an dem Verteil-Donnerstag an, an dem es ausgegeben wird, am 19.12.2024 ins Lager. Jaqueline fährt an diesem 19.12.2024 so los in Handenberg, dass das Gulasch um ca. 14.30 Uhr bei uns in Ansfelden ist und wir es im Transporter mitnehmen können nach Linz, wo wir es dann warmhalten und ausgeben werden. Vielen, herzlichen Dank liebe Jaqueline, ich verneige mich zutiefst ob deiner Spende und wunderbaren Geste.
Das nächste positive und erfreuliche „Event“ steht unmittelbar bevor, wir dürfen kommenden Montag im Stiftsgymnasium Wilhering wieder einen Vortrag vor etwa 90 Schüler*innen halten. Schon viele Jahre dürfen wir dort Jahr für Jahr erzählen und erwähnen, wie wir mit Obdachlosigkeit bzw. Armut umgehen und was wir als Team und Verein tun, um diesen traurigen Umstand abzumildern indem wir diesen Menschen das Nötigste mitgeben, was sie brauchen, Lebensmittel, Hygieneartikel, warme Kleidung und warme Schuhe u.v.a.m.. Man kann hier viel bewirken mit „Aufklärung“ zu diesem Thema. Ich habe es schon einmal erwähnt, dass mich immer wieder ehemalige Schüler*innen anschreiben und sich bei mir aufrichtig bedanken, sie waren irgendwann Teil einer unserer Vorträge im Stiftsgymnasium Wilhering und haben nicht vergessen, was wir ihnen erzählten und vor Augen führten. Einfach großartig, wenn sich Menschen auch an solche Stunden in der Schule erinnern und etwas fürs Leben mitnehmen können. Manches prägt fürs Leben und findet tiefes Verständnis. Welch eine große Freude mir das bereitet, brauche ich nicht anmerken. Es ist jedes Jahr ein wahres Erlebnis, in dieser Schule vor all den interessierten Schüler*innen sprechen und erklären und anschließend all die Fragen beantworten zu dürfen. Danke für das Vertrauen an die Lehrerschaft des Stiftgymnasiums Wilhering.
Ein weiteres Highlight ist, dass sich das Forensisch-therapeutische Zentrum Asten wieder großartig einbringt und dort auch heuer wieder durch die Initiatorin Frau Claudia S., Weihnachtsschuhschachteln für unsere Schützlinge gefüllt werden. Heuer wird auch der werte Anstaltsleiter bei der Übergabe an uns, mit dabei sein, was mir eine große Ehre ist. Dass dieses Therapeutische Zentrum an unserer Weihnachtsaktion teilnimmt, bereitet mir sehr große Freude und ich werde diese Freude auch bei unseren Schützlingen ansprechen und erwähnen, wo manche Geschenke herkommen.
Ebenfalls seit Jahren besucht uns aus der Steiermark, aus Öblarn, Tamara und ihre Freundinnen, die Jahr für Jahr ganz viele Weihnachtsgeschenke zu uns bringen, um diese an obdachlose und arme Menschen zu verteilen. Auch hier bin ich überglücklich, dass sich Menschen wie Tamara engagieren und in ihrem Umfeld auf Obdachlosigkeit und Armut hinweist und um Geschenke bittet. Man möge sich das vorstellen, aus der Steiermark nach Linz, um hier Weihnachtsgeschenke für Menschen abzugeben, denen es nicht gut geht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass heute (Samstag) Freundinnen von Tamara bei uns waren, aus Lienz besuchten uns Frauen, die im Rahmen eines Sozialprojektes etwas machen sollten, und sich uns als Ziel aussuchten. Diese 4 Frauen heute hatten einen ganzen Kofferraum an Weihnachtsgeschenken für uns, dafür eine tiefe Verneigung und ein dankbares Vergelt’s Gott. Toll!
Dass wir seit Jahren viele großartige Menschen zu unseren Gönner:innen zählen dürfen, die uns immer wieder ermöglichen, weiterzumachen, auch wenn es oft ganz eng mit den ankommenden Spenden ist. Hier einmal ein DANKE an die vielen treuen Spender:innen: Vroni Hein, Christoph Trauner, Jaqueline Bammer, Jaqueline Reschenhofer, Petra Kratzl mit Gatten, Dominik Jäger & Gattin, Michaela Durstberger, Kornelia Hamberger, Margit Wasmayr & Gatte, Kurt Traxl, Sonja Hiess, Patrik Steinberger, Petra Heidinger, Stefan Eder, Martin Lachmair, Erwin Lachmair, Rapid Freunde aus dem Almtal, Ramona & Andreas Strasser, Gilbert Zimmerbauer (Stickshop Austria), Iris & Daniel Lichtenauer, Peyer Cäcilia, Michaela Elias, Vesna & Familie, Doris Mizelli, Thomas Mühllehner, Andreas & Desiree Berc, Friedrich Wagenknecht, Franz Schwarz, Ulrike Jäger & Gabi, Daniela Hilgarth, Beate Brunner, Ingrid Cestar, Martin Geert Waldherr, Florian Santer & Familie, Rauch Jenny, Tanja Tschautscher, Diana Smerda, Andrea Kremser, Sabina Draxler, Heide Ruhaltinger, Karin Bernecker, Roland Lambauer, Irene Lemp, Vivian Keck, Sabine Braunbock, Horst Gady, Petra Hartl, Richtsfeld Jürgen, Gindlhuber Daniela, Tamara Huber, Nicole Trattler, Melanie Klampferer, Sabine Sandberger, Dominik Steinbinder, Dieter Neumayr, Walter & Dagmar Aigner, Barbara Mitterrutzner, Maria Fleischanderl, Marion Singer, Verena Huemer, Karin Pöppl, Daniela Hartl, Barbra Griesser, RIPRO GmbH, Helmut Sandberger, Brigitte Janda-Wodicka & Erwin Wodicka, Johannes & Christa Humer und viele, viele andere. Bitte liebe Spender:innen, verzeiht mir wenn ich hier nicht alle aufzählen konnte. Eine tiefe Verneigung an all unsere Spender:innen, die es uns Woche für Woche und Jahr für Jahr immer wieder ermöglichen, diese Arbeit für unsere Schützlinge so zu machen, dass wir ohne Umwege den betroffenen Menschen direkt helfen können.
Dass wir überhaupt noch so umfangreich helfen können verdanken wir Menschen, die regelmäßig an jene Menschen denken, denen es nicht so gut geht. Indem sie uns mit den nötigen Lebensmitteln und Hygieneartikeln ausstatten, und nur deshalb, können wir in EUREM Namen helfen und die Not lindern. Auch wir können die Welt nicht retten, aber wir können in unserem Umfeld und darüber hinaus die Augen und Ohren öffnen, und auf die Obdachlosigkeit und Armut hinschauen statt wegschauen und wir wechseln die Straßenseite nicht. Es ist wichtig, immer wieder andere Sichtweisen zuzulassen und genug Raum für eine andere Meinung zuzulassen, so dass noch ein vernünftiges Gespräch möglich ist. Kompromisslose Gespräche in denen man nur die eigene Meinung vertritt, fahren direkt gegen die Wand, kein Wunder, wenn so auch Freundschaften bzw. Partnerschaften aufs Spiel gesetzt werden und schließlich in die Brüche gehen. Respekt, Wertschätzung und aufrichtige Anerkennung, das „Werkzeug“ für eine funktionierende Freundschaft.
Ein weiterer wichtiger und absolut positiver Teil meines Lebens und meines Vereins ist mein loyales Team, auf das ich mich zu 1000% verlassen kann. Hier werden bei jedem Treffen Synergien geschmiedet, immer wieder werden Arbeitsschritte geteilt oder übernommen, um den Teampartner zu entlasten und die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen, und das hat in meinem Verein noch nie so gut funktioniert wie zurzeit. Nicht nur die Arbeit wird geteilt, auch Meinungen und Ansichten werden oft besprochen und diskutiert, wenn es jemandem im Team nicht gut geht, wird dieser Teampartner sofort entlastet und dessen Arbeit mitgemacht, DAS IST TEAM, liebe Leute. Im Zirkel darf und kann man auch kritische, jedoch konstruktive Anmerkungen machen, die weder beleidigend noch vorführend sind, es ist immer wichtig, konstruktiv nach Lösungen zu suchen, die zielführend sind. Wir hatten heuer als Team so viele schöne Momente, die uns auch ganz stark bereicherten. Wenn ich hier heute vor allem positives hervorhebe, so gibt es natürlich auch ein paar Mitglieder, die sich nicht einbringen möchten, sondern einfach nur mitarbeiten wollen. Es ist aber schon ein großes Privileg, als Mitglied den Verein mitzugestalten, bei Generalversammlungen oder Vereinssitzungen mitzustimmen, in welche Richtung sich der Verein weiterentwickeln soll, dort mitzustimmen, wo man das größte Potential sieht oder dort etwas bewegen, wo wir unsere Hilfe verstärken können. Das wünsche ich mir von jedem unserer Mitglieder.
Optimistisch und "trotzdem" positiv, wenngleich auch schlaflos, war auch für mich die Mittwochnacht, in der ich um 1.30 Uhr zu Bett ging und um 1.45 Uhr läutete das Telefon, die Polizei war am Telefon. Zitat: „Könnten Sie nach Linz kommen, wir haben hier einen Obdachlosen gefunden, der gerade in Linz angekommen ist und keine Schuhe, keine Socken und nur ein Ruderleibchen anhat.“ Natürlich läuten bei so einem Anruf alle Alarmglocken bei mir, natürlich raus aus dem Bett, wenn ich auch um 6 Uhr früh aufzustehen habe, da der Verteil-Donnerstag auf dem Programm steht, und das heute mit einem Filmteam von Puls4, da heute ein weiterer Drehtag für eine Folge „Im Leben des Anderen“ am Plan ist. Also rein in die Kleidung, ins Lager fahren und das Not Paket holen um dann ab nach Linz, Bahnhof, der Obdachlose ist ein kleiner junger Mann um die 25…26 Jahre, wie von der Polizei schon erwähnt, ohne Jacke, ohne Pulli oder Sweater, ohne Socken und Schuhe, bloßfüßig, bei diesen Temperaturen, guter Mann so holst dir den Tod. Ich habe 3 Paar Schuhe mit und 3 Winterjacken, damit ganz sicher 1 Größe passt. Der Mann zittert am ganzen Körper, hat Hunger, Durst und ist müde, aber absolut nüchtern und klar in seinen Aussagen. Ich kleide den Mann zuerst ein und dann gibt es zu essen, Cabanossi, Eckerlkäse, Fischdose, Brot und Cola. Er stopft den Mund voll als gäbe es morgen nichts mehr, ich beruhige ihn, dass ich genug mithabe, das für die nächsten Tage reichen wird. Die Polizei jedoch macht immer wieder so Aussagen wie: „Sie fahren gleich heute früh weiter, ja?“ Dass er sichtlich kein Geld hat um weiterzufahren, dürfte diesem Herrn Polizisten wurscht sein, ich habe den Eindruck er möchte den Obdachlosen, der „Martin“ heißt, erst gar nicht in Linz ankommen lassen. Für mich war es trotzdem ein Nachteinsatz, den ich positiv in Erinnerung halten werde, der junge Mann fiel mir noch mit Tränen in den Augen um den Hals und bedankte sich gefühlte 20-Mal. Dieser Einsatz dauerte bis 5 Uhr früh und ich war so aufgewühlt, dass ich gar nicht mehr ins Bett gehen brauchte, da ja um 6 Uhr ohnehin der Wecker klingelt.
So wird dieser Verteil-Donnerstag nochmal um eine Stufe anstrengender, keine Minute geschlafen und einen endlos langen Tag vor mir, er sollte bis 00.15 Uhr in den Freitag dauern. Nebenbei eben die erwähnten Dreharbeiten und Gespräche mit meinem vis a vis in der Sendung. Ich werde mich trotzdem bemühen, alles wie gewohnt ablaufen zu lassen, habe ja ein tolles Team das mir dabei hilft.
Das Glas ist immer noch halbvoll und ich bin Optimist, dass dieses gute Gefühl sich in mir wieder durchsetzen wird, ich werde versuchen mit meiner ganzen Kraft, es in die richtige Richtung zu lotsen, keine Ahnung ob mir das gelingt. Aber es fühlt sich gut an, die positiven Dinge hervorzuheben und diese wirken zu lassen.
Der Verteil-Donnerstag beginnt um 6 Uhr mit Kaffee und die letzten Planungen für heute, mit den letzten Instruktionen fürs Team. Wir räumen noch alles irgendwie auf im Lager, das Filmteam hat sich für 10 Uhr angekündigt, bis dahin wird alles passen. Wir räumen die ganzen Spenden aus dem Kühl- bzw. Tiefkühllager aus und beginnen das Gebäck aufzubacken, Dinge aus unserem Froster umzulagern in die mobile Tiefkühlbox, die wir am Nachmittag mitnehmen werden.
Um 10 Uhr gings dann los: „Walter Interview“, ich hatte von einer auf die andere Minute keine Zeit mehr meine Arbeit wie an einem Verteil-Donnerstag zu machen, Drehtag war jetzt wichtig. Lydia, mein vis a vis in der Sendung, begrüße ich und führe sie und das Filmteam durch unser Lager, alles sind erstaunt und niemand hat es sich so groß vorgestellt. Aber wenn man, wie noch bis vor kurzem fast 3800 Menschen versorgt, müssen die Spenden ja auch entsprechend gelagert werden, aber alle waren sprachlos über die Größe unseres Vereins und unserer Aktion. Hier eine Frage dort eine Antwort, hier eine Feststellung und dort eine vage Ankündigung, dass die aktuellen Teuerungen noch viele Opfer in Österreich hervorbringen könnte.
Inzwischen auch eingetroffen, Rena und Kimi, die mir sehr fehlt, seit ich sie nur noch selten sehen kann. Ich liebe dieses Hündchen über alles. Setze mich zu ihr und sie zittert am ganzen Körper vor Freude, beißt mich zärtlich in die Hand und schreit laut vor Freude, sie kann mit ihrer großen Freude jemanden richtig um den Finger wickeln, was sie auch jederzeit bei mir machen darf.
Die Dreharbeiten pausieren beim Mittagstisch, das Filmteam isst mit uns heute, Gulaschsuppe und Gebäck, danach geht es weiter, einladen der ganzen Lebensmittelboxen in den Transporter, was heute Karl und Erika erledigen, gottseidank, ich wäre nicht fähig heute, diese schweren Boxen zu wuppen. Zwischendurch merke ich meine Müdigkeit, wie schwer meine Beine und wie schwach meine Hände sind. Meine Feinmotorik ist heute hinüber, musste am Morgen auch starke Schmerzmittel nehmen, da Teile meiner Hand nicht mehr zu spüren sind. Das Filmteam achtet darauf, mich nicht zu überfordern und mein Team will mich ohnehin entlasten, also einmal die anderen arbeiten lassen, was mir wirklich ganz schwerfällt.
Um 14.30 Uhr laden wir noch die beiden mobilen Tiefkühltruhen, stecken die Akkus an und Doris, die heute auch dabei ist fährt mit mir nach Linz, das Filmteam im PKW hinter uns. Alle aus dem Filmteam sind gespannt, niemand weiß genau was auf sie zukommt heute, auch Lydia nicht. Ihr habe ich eine Vereinsjacke gegeben, damit sie sich zugehörig fühlt beim Verteil-Donnerstag.
Bei Ankunft um 14.50 Uhr warten lediglich 3 unserer Schützlinge, wir laden aus und bauen auf, Lydia möchte beim Aufbau nicht helfen, Zitat: „Ich bin ja nicht zum arbeiten hier“. Wir werden es auch so schaffen, wie jede Woche. Im Nu steht alles, fast alles, wieder Interview, und die letzten Kisten sind noch auf dem Hund (Rollwagerl) und müssen noch platziert werden. Erst der Ruf von meinem Team entlockt mir einen Blick auf die Uhr, ui, 16.00 Uhr, Ausgabebeginn.
Die Warteschlange ist in der Zwischenzeit angewachsen auf etwa 40 Personen, alles ist ruhig und diszipliniert, keine Streitereien oder laute Worte, so lieben wir das. Das Filmteam dreht mit Lydia in der Line und hält den ganzen Zug auf, unsere Schützlinge müssen heute Geduld zeigen, aber niemand wird ohne Lebensmittel fortgeschickt, es geht halt langsamer durch die Dreharbeiten.
Ich organisiere noch auf Wunsch des Filmteams 2 Interviewpartner, 2 ehem. Obdachlose die Lydia alle Fragen beantworten, Markus und Leo. Leo sagt selbst von sich, dass er schwerer Alkoholiker ist und erzählt Lydia, welche Folgen jahrelanger Alkoholkonsum haben kann und wird. In dieser Sendung geht es ja um Alkoholiker, und da ich ein seit 30 Jahre trockener Säufer bin und Lydia genau das Gegenteil, also Alkoholikerin ist, geht es in allen Gesprächen um Alkohol. Leo sagt Lydia ein paar Sätze direkt ins Gewissen, so dass Lydia kurz ihr gekünsteltes Lächeln verliert, die Fassung aber bewahrt. Leo sagt Lydia auch wörtlich, Zitat: „Wenn es Walter mit seinem Team hier nicht geben würde, gäbe es viele von uns schon lange nicht mehr“. Lydia schaut mich an und scheint die ganze Tragweite unserer Aktion zu erkennen, und sie sieht wie dankbar unsere Besucher sind, und das geht tief, ganz tief. In der Zwischenzeit geht der Verteil-Donnerstag weiter, auch Lydia gibt Lebensmittel an unsere Schützlinge aus und redet mit allen und ist nur noch verwundert, Zitat: „Weil alle so freundlich sind und bei allem DANKE sagen“. Sie hätte etwas ganz anderes erwartet, sie hätte alkoholisierte, schmutzige Menschen erwartet und ist ganz erstaunt über unsere Besucher.
Ich muss immer wieder zum Computer, da unsere Kaja heute nicht dabei ist und ich die Anmeldung machen muss, nebenbei, neben all den Dreharbeiten, Max unterstützt mich am Laptop, er kennt unser System und kann damit umgehen, eine große Entlastung. In der Zwischenzeit war die Warteschlange fast abgearbeitet aber binnen kürzester Zeit stehen wieder 50 Personen in der Warteschlange.
Am Ende des Tages werden es heute auch wieder 97 Menschen gewesen sein, die sich bei uns Hilfe holten. Auch das Filmteam ist voller Lob über die tolle Arbeit, die wir leisten. Diese Hilfe ist aber nur möglich, weil ich ein Team habe, auf das ich mich verlassen kann und das 1000% zu mir steht und die ganze schwere Arbeit mit mir teilt und mich auch aufbaut, wenn ich einmal am Boden bin.
Mittlerweile ist es finster geworden, unsere Akkulampen sind eingeschaltet, sie zaubern rund um das alte ABC-Buffet eine zauberhafte Stimmung. Die Kälte nimmt diametral zu, weil das Tageslicht weg ist und der leichte Wind zieht in jede Pore, Lydia zittert vor Kälte und ich rede sie an, Zitat: „Schau, liebe Lydia, du kannst in einer halben Stunde in ein heißes Bad hüpfen und dort stundenlang verweilen, unsere Schützlinge können das nicht, viele sind 24/7 draußen in der Kälte, sie haben keine Möglichkeit sich ins warme zurückzuziehen. Einige haben ja noch ein Zimmer bzw. eine kleine Wohnung, müssen aber schon bei der Heizung sparen, geschweige denn beim Warmwasser. Auch das lasse ich Lydia wissen, worauf sich ihre Mimik noch mehr versteinert und sie nur noch auf einen Punkt schaut, ich habe das Gefühl Lydia ist hoffnungslos überfordert mit dieser Situation. Später wird sie sagen: „Ich will nicht, dass die frieren müssen, ich möchte, dass es ihnen auch gut geht, es macht mich fassungslos und traurig“. Lydia gibt zu, dass sie noch nie wirklich intensiv über Obdachlose nachgedacht hat, aber das wird sich ändern, verspricht sie.
18 Uhr, ein letzter Schützling kommt noch und möchte noch schnell irgendetwas essbares, und dann laden wir alles in den Bus ein. Lydia und das Filmteam sind schon ins Hotel gefahren. Sie treffe ich morgen Freitag wieder und dann mit vielen Aussagen, die mich zum Nachdenken anregen.
Der Bus ist vollbeladen und Doris und ich brechen auf Richtung Ansfelden, im Lager wieder alles auszuladen.
Diesmal gibt es keine Nachbesprechung im Lager, weil irgendwie alle noch etwas vorhaben. Anna und ich suchen noch die Kleidung und Lebensmittel für Gerald und Peter zusammen, die wir morgen am Freitag mit dem Filmteam besuchen werden. Nach 20 Uhr habe ich alles in den Bus geladen, ab durch die Mitte. Auf dem Heimweg, ein Anruf von einem Spender der mit mir noch reden möchte, oh Mann, muss das heute sein. Ich willige ein, müde und fertig, mein Abend wird erst um 00.15 Uhr daheim ausklingen, warum dieses Gespräch jetzt so wichtig gewesen ist, erschließt sich mir nicht, weil es lediglich um Belangloses ging, er aber keinen Gesprächspartner hatte.
Ich komme um 00.15 Uhr heim und bin Todmüde und erledigt, aber auch aufgewühlt. Die Müdigkeit ist aber größer also ab ins Bett nach den letzten Arbeiten am Computer. Mein Bett begrüßt mich um kurz vor 1 Uhr früh, im Wissen dass es wieder eine kurze Nacht wird, da ich am Morgen zu meinem Hausarzt muss und anschließend die Dreharbeiten weitergehen.
Trotzdem war es wieder ein guter Tag, an dem wir wieder vielen Menschen helfen konnten, dank EURER Hilfe. Danke dafür, liebe Spender:innen. Gott segne Euch!
Ich sitze nun seit fast 7 Stunden bei diesem 12 A4-Seiten Posting und höre gerade „Gordon Lightfood“ mit „Sundown“, ein Gigant aus der Oldie Ecke, ein Klassiker und Millionenseller aus den 70ern, immer gern gehört, und bin auch heute wieder gerädert von Müdigkeit.
Ich bedanke mich für Eure Aufmerksamkeit und Euer Interesse, habt großen Dank dafür. 😊