Johann* und Lisa*!
Johann* und Lisa*!
Verteil-Donnerstag vom 9.1.2025:
Johann*!
Johann* war ein fleißiger und engagierter Mann, der sein Leben seiner Familie und seiner Arbeit widmete. Er arbeitete seit vielen Jahren in einer Fabrik, wo er als Maschinenführer tätig war. Johann* liebte seine Arbeit, seine Kollegen respektierten ihn und seine Vorgesetzten schätzten seine Zuverlässigkeit und sein Können. Mit seiner Frau Maria* und ihren beiden Kindern, Anna* und Lukas*, lebte er in einem bescheidenen, aber glücklichen Heim. Sein Leben war von Harmonie und Zufriedenheit geprägt.
Eines Tages änderte sich Johanns* Leben schlagartig. Während eines normalen Arbeitstages ereignete sich ein schwerer Unfall. Eine Maschine, die er bediente, hatte einen technischen Defekt und Johann* wurde schwer verletzt. Er erlitt mehrere Knochenbrüche und innere Verletzungen, die eine sehr lange Rehabilitation erforderten. Die ersten Wochen im Krankenhaus waren geprägt von Schmerzen, einer inneren Ungewissheit und tiefen Zerrissenheit. Maria* besuchte ihn jeden Tag und versuchte, ihm Mut zu machen. Die ganzen persönlichen Umstände und all die Folgen und Konsequenzen hat Johann* in sich reingefressen, um Maria* nicht zusätzlich zu belasten. Johann* hatte keine akzeptable Lösung für sich und seine Familie, die er Maria vorschlagen könnte.
Nach mehreren Monaten im Krankenhaus und einer langen Rehabilitationsphase musste Johann* die bittere Wahrheit akzeptieren: Er konnte seine Arbeit nicht mehr ausüben. Die Verletzungen waren zu schwerwiegend und seine körperliche Leistungsfähigkeit war stark eingeschränkt. Trotz aller Bemühungen fand Johann* keine alternative Beschäftigung, die seinen Fähigkeiten und seiner neuen körperlichen Verfassung entsprach. Schließlich verlor er seinen Arbeitsplatz, was eine erhebliche finanzielle Belastung für die Familie und für Johann* ein Gefühl des totalen Versagens darstellte.
Die psychische Belastung durch den Verlust seiner Arbeit und die finanzielle Unsicherheit machten Johann* zunehmend zu schaffen. Er begann, sich zurückzuziehen und fiel in eine tiefe Depression. Seine körperliche Gesundheit verschlechterte sich ebenfalls, und schließlich wurde bei ihm zusätzlich noch eine weitere, schwere Krankheit diagnostiziert. Diese Behandlung war langwieriger und kostspieliger als die Folgen seines Arbeitsunfalles, und die Familie geriet in immer noch größere finanzielle Schwierigkeiten.
Mit den steigenden medizinischen Kosten und dem fehlenden Einkommen konnte die Familie ihre Wohnung nicht mehr halten. Alles Ersparte löste sich in Rechnungen für Behandlungen auf. Trotz aller Bemühungen und der Unterstützung durch Freunde und Familie mussten sie schließlich aus ihrer Wohnung ausziehen. Maria* fand eine kleine Wohnung für sich und die Kinder, während Johann* vorerst bei einem Freund unterkam. Die Trennung von seiner Familie und der Verlust des gemeinsamen Heims setzten ihm enorm zu und Johann* hörte nicht mehr auf, an sich und seinem Leben zu zweifeln und an sich selbst Stück für Stück, ganz zu zerbrechen.
Die anhaltende Belastung durch Krankheit, finanzielle Sorgen und die räumliche Trennung führte schließlich dazu, dass auch die Beziehung zwischen Johann* und Maria* zerbrach. Maria* fühlte sich überfordert und allein gelassen, und Johann* konnte sich in seinem Zustand nicht ausreichend um sie und die Kinder kümmern. Schließlich beschlossen die Beiden, sich zu trennen. Maria* zog mit Anna* und Lukas* in eine kleine, neue Wohnung, während Johann* weiterhin bei seinem Freund lebte.
Ohne feste Bleibe und ohne Aussicht auf Besserung fand sich Johann* schließlich irgendwann auf der Straße wieder. Die Kälte, die Einsamkeit und die ständigen Sorgen um das tägliche Überleben prägten nun seinen Alltag. Doch trotz allem gab Johann* nicht auf. Er fand Zuflucht in einer Obdachlosen-Einrichtung und begann, sich mit anderen Menschen in ähnlichen Situationen anzufreunden. Er führte viele für ihn wichtige Gespräche mit Obdachlosen, aus denen er Kraft und Hoffnung schöpfte. Johann* war der Überzeugung, dass seine Situation anders gelagert ist als jene seiner Gesprächspartner, die sich teilweise schon aufgegeben haben. Aber glaubt das nicht jeder Mensch, der in große Probleme geraten ist? Glaubt nicht jeder Mensch, dass sein Problem nicht so „schwer“ und eigentlich zu lösen ist? Zuerst neigt man dazu, die Situation gänzlich falsch einzuordnen, bis die Möglichkeiten sich irgendwo Hilfe zu holen, nach und nach, alle zerbrechen.
Eines Tages jedoch traf Johann* auf einen gemeinnützigen Verein, der Obdachlosen geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen. Mit deren Unterstützung fand er zunächst ein Zimmer und dann auch eine Teilzeitbeschäftigung, die seinen körperlichen Fähigkeiten entsprach. Langsam aber sicher begann sich Johanns* Leben wieder etwas zu verbessern. Er konnte wieder ein kleines Einkommen erzielen und fand neue Hoffnung und Zuversicht, er fand auch neue Freunde, die ihm immer wieder Mut machten und ihn in seinem Tun, bestärkten.
Mit der Zeit konnte Johann* auch die Beziehung zu seiner Familie wieder verbessern. Er setzte sich intensiv mit seiner Vergangenheit auseinander und holte sich professionelle Hilfe, um seine schweren Depressionen und Ängste zu überwinden. Seine Kinder, Anna* und Lukas*, waren inzwischen älter geworden und verstanden die schwierige Lage, in der ihr Vater sich befunden hatte. Sie begannen langsam, die ganze Situation ihres Vaters zu verstehen und verziehen ihm, dass er sich von seiner Familie für eine bestimmte Zeit trennen musste. Sie begannen, ihn regelmäßig zu besuchen und unterstützten ihn in seinem Weg, zurück ins Leben.
Heute lebt Johann* in einer kleinen Wohnung und arbeitet in einem gemeinnützigen Projekt, das anderen Menschen hilft. Seine eigene Geschichte und seine Erfahrungen machen ihn zu einer wichtigen Stütze und Inspirationsquelle für viele Menschen, die ähnliche Schicksalsschläge erlitten haben. Durch seine Arbeit hat er neuen Lebensmut gefunden und kann endlich wieder nach vorne schauen. Seine Reise war lang und beschwerlich, aber Johann* hat nie aufgegeben. Er ist ein lebendiges Beispiel für die Kraft des menschlichen Geistes und die Bedeutung von Hoffnung und Durchhaltevermögen.
Lisa*!
Lisa* war eine junge Frau mit großen Träumen. Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Innviertel, träumte sie von einem Leben in der Stadt, einem erfolgreichen Job und eine kleine, glückliche Familie. Nach der Matura zog sie nach Linz, um hier ihre Träume zu verwirklichen. Sie arbeitete hart und schaffte es, eine Stelle als leitende Bürokauffrau in einer angesehenen Firma zu bekommen. Ihr Leben schien perfekt zu sein, bis eine Reihe von Schicksalsschlägen alles änderte.
Eines Tages erhielt Lisa* die Nachricht, dass ihr geliebter Vater schwer erkrankt war. Sie nahm sich eine Auszeit von der Arbeit, um sich um ihn zu kümmern. Doch trotz ihrer Bemühungen verstarb er einige Monate später. Der Verlust ihres Vaters traf Lisa* hart und sie fiel in eine schwere und tiefe Depression. Ihre Abwesenheit von der Arbeit und ihre zunehmende, nicht enden wollende Traurigkeit führten schließlich dazu, dass sie ihre Arbeitsstelle verlor. Ohne Einkommen und in einer umfassenden emotionalen Krise geriet Lisa* bald auch in große finanzielle Schwierigkeiten.
Lisa* versuchte, sich wieder aufzurappeln und eine neue Arbeit zu finden, doch ihre tiefe Trauer und schwere Depression erschwerten ihr die Suche. Schließlich konnte sie auch ihre Miete nicht mehr bezahlen und wurde aus ihrer Wohnung delogiert. Plötzlich fand sich Lisa* auf der Straße wieder, obdachlos, ohne Perspektive und nicht wissend, ob und wo sie Hilfe bekommt. Die ersten Nächte auf der Straße waren die härtesten. Die Gefahren für eine obdachlose Frau sind immens groß und immer in allen Gedanken vorherrschend. Sie musste lernen, wie man in der Kälte überlebt und wo man etwas zu essen findet. Lisa* war entschlossen, sich nicht aufzugeben und nach Menschen zu suchen, die ihr helfen würden. Doch die meisten Menschen, die Lisa* angesprochen und um Hilfe bat, drehten ihr den Rücken zu und ließen Lisa* einfach stehen.
Durch Zufall traf sie auf eine Gruppe anderer Obdachloser, die sie in ihre Gemeinschaft aufnahmen. Zusammen halfen sie sich gegenseitig, teilten das wenige, was sie hatten, und boten einander Trost und Unterstützung. In dieser neuen Gemeinschaft fand Lisa* einen Funken Hoffnung und begann, sich wieder aufzurappeln. Sie nutzte die Gelegenheit, sich an Streetworker zu wenden und auch an Gespräche mit den Sozialarbeitern teilzunehmen.
Eines Tages erfuhr Lisa* von einem gemeinnützigen Verein, der Obdachlosen half, langsam wieder auf die Beine zu kommen. Mit deren Unterstützung fand sie einen Teilzeitjob in einer Bäckerei. Es war ein bescheidener Anfang, aber es gab ihr die Möglichkeit, wieder ein kleines Einkommen zu verdienen. Mit der Zeit begann Lisa*, ihre Fähigkeiten durch interne Schulungen in der Bäckerei weiter auszubauen und neue Freundschaften zu schließen. Sie fand Freude daran, den Menschen in der Bäckerei zu helfen und ihre Geschichten zu hören, sie begann wieder zu lachen, das Leben aus der anderen Sicht zu sehen und ihre schwere Depression mit Hilfe von Medikamenten in die Vergangenheit zu drängen.
Langsam aber sicher begann sich Lisas* Leben zu verbessern. Sie konnte sich schließlich ein kleines Zimmer leisten. Es war nicht viel, aber es gab ihr ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit. Lisa* nutzte ihre neu gewonnene Stabilität, um sich auf ihre persönliche Entwicklung zu konzentrieren. Sie begann, sich ehrenamtlich in dem Verein zu engagieren, der ihr geholfen hatte, wieder auf die Beine zu kommen.
Während ihrer ehrenamtlichen Arbeit traf Lisa* auf viele Menschen, die ähnliche Schicksale erlitten hatten. Ihre eigene Geschichte half ihr, Empathie und Verständnis für andere zu entwickeln. Sie wurde zu einer wichtigen Unterstützerin und „Beraterin“ für viele, die sich in ähnlichen Situationen befanden. Ihre Arbeit und ihr Engagement brachten ihr nicht nur Anerkennung, sondern auch tiefen persönlichen Frieden und Zufriedenheit.
Ihre eigene Geschichte und ihre Erfahrungen machten sie zu einer inspirierenden Führungspersönlichkeit. Sie nutzte ihre Position, um in ihrem Umfeld das Bewusstsein für Obdachlosigkeit zu schärfen und den Menschen zu erzählen, dass Obdachlosigkeit jede/n treffen kann, schneller als man glauben möchte.
Heute lebt Lisa* in einer gemütlichen kleinen Wohnung und leitet erfolgreich ein Projekt, das Obdachlosen mit Rat und Tat hilft. Ihre Reise war lang und beschwerlich, aber sie hat nie aufgegeben. Lisa* ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie Resilienz, Hoffnung und die Unterstützung der Gemeinschaft das Leben eines Menschen verändern können. Ihre Geschichte inspiriert viele, nie die Hoffnung zu verlieren und immer weiter zu kämpfen, egal wie aussichtslos die Situation erscheinen mag.
Lisa* hat es geschafft, sich aus der Obdachlosigkeit zu befreien und ein neues Leben aufzubauen. Ihre Geschichte ist ein Zeugnis für die Kraft des menschlichen Geistes und die Bedeutung von Mitgefühl und Zusammenhalt. Durch ihre Arbeit und ihr Engagement hat sie das Leben vieler Menschen berührt und verändert.
Zwei Schicksale, die aus dem wahren Leben gegriffen sind und die sich genau so zugetragen haben. Zwei Menschen, zwei Schicksale, zwei Wege und ganz viel Hoffnung, die den beiden aus dieser schweren Krise geholfen hat. Sie haben zwischendurch auch die Hoffnung verloren, wussten lange Zeit nicht mehr, was ihnen das Leben noch schenken würde, aber sie haben sich nicht aufgegeben und haben auf ihren Weg zurückgefunden, wenn der auch anders verlief als der frühere Weg.
Zwei Menschen und ihr Schicksal, zwei Menschen die genau wissen, was es heißt, von der Gesellschaft fallen gelassen zu werden und sich auch mit viel Glück und mit ganzer Kraft, zurück zu kämpfen. Ich habe heute noch Kontakt zu den Beiden, und es ist jedes Mal eine große Freude, mit dem entstandenen Abstand über ihre Vergangenheit zu reden und immer wieder kleine Erkenntnisse daraus zu gewinnen.
Unser Verteil-Donnerstag diese Woche war geprägt von großer Not an verfügbaren Helferleins. Am Donnerstagvormittag im Lager, bei den Vorbereitungen waren wir noch genug ehrenamtliche Helferleins, am Nachmittag jedoch fehlten uns mindestens 2 Helferleins, um optimal besetzt zu sein. Das ist unser wöchentliches Los, weil vieler unserer Helferleins arbeiten müssen und nicht zur Verfügung stehen für den Verteil-Donnerstag.
Die Vorbereitungen jedenfalls wurden wie immer, professionell und großartig abgearbeitet. Zwischendurch gab es heute ein Telefonat mit einer Obdachlosen-Einrichtung, die mir über ein ehemaliges Mitglied wissen ließ, dass sie nicht weiß warum ich mit ihr nicht mehr rede. Der tatsächliche Grund ist jener, weil diese Leiterin dieser Einrichtung ein derartig freches und präpotentes Verhalten in der Vergangenheit an den Tag legte, dass ich mich daraufhin vor etwa 1 Jahr entschloss, in diese Einrichtung so lange nichts mehr zu bringen, so lange diese Person dort die Leitung über hat. Und jetzt, nach etwa gut 1 Jahr, dachte ich mir, gut, die Obdachlosen können nichts dafür und wollte eigentlich die Wogen am Telefon heute glätten. Tatsächlich hob diese „Dame“ nicht ab und hat nach 3 Stunden zurückgerufen, und meinte allen Ernstes, Zitat: „Wollen Sie streiten Herr Kreische oder wollen Sie unsere Einrichtung wieder beliefern“.
Ich war sprachlos über diese Aussage und habe in diesen Sekunden auch für mich festgelegt, dass ich mit dieser Person nie wieder etwas zu tun haben möchte und deshalb auch kein Gespräch mehr mit dieser Person suchen werde. Das ganze persönliche „Verhältnis“ dieser Frau und mir, ist hier stark verkürzt dargestellt, aber es zeigt welches Geisteskind sie ist. Als wir 2029, einen Tag vor Weihnachten die Spendenlieferung für diese Einrichtung von 4 Uhr früh bis 9 Uhr zusammenstellten und auch gleich lieferten, fragte sie allen Ernstes, Zitat: „Warum schauen sie so müde drein“? Meine Antwort damals, Zitat: „Weil wir von 4 Uhr früh bis 9 Uhr diese Spendenlieferung zusammenstellten und jetzt liefern“, daraufhin diese Person, Zitat: „Das hat Euch aber niemand angeschafft“. Peter, der mir geholfen hat, und ich, die sich hier richtig ärgerten über diese Aussage, wollten eigentlich alles abbrechen und wieder fahren, aber wir wollten dann schlussendlich nicht, dass die Obdachlosen keine Weihnachtsgeschenke etc. bekommen. Somit ist die Eskapade mit dieser Person endgültig zu Ende und findet bestimmt keine Fortführung mehr.
Dieses Telefonat hob mich für den Rest des gesamten Donnerstags aus meinen Angeln, brachten mich echt emotional ins Wanken. Mit Hilfe meines Teams konnte ich das Telefonat dann so einordnen, dass es mich persönlich nicht mehr betroffen machte. Aber es war schon starker Tobak, was mir diese Frau im Laufe der Jahre alles anschauen ließ und welche Brocken sie mir vor die Füße geworfen hat.
All die Vorbereitungen gingen den normalen Weg, und wir sind dann um 15.10 Uhr, Richtung Linz aufgebrochen. Dort warteten 3 Schützlinge, und in der Zeit als wir alles aufgebaut haben, wuchs die Warteschlange minutiös an. Am Ende des Tages werden uns heute 99 Schützlinge besucht haben. Wir knabbern fast jede Woche weit über den hundert Besuchern, diesmal mit 99 knapp darunter aber deshalb nicht minder fordernd.
Den Bus zuerst einzuladen im Lager und in Linz wieder auszuladen ist kein Kindergeburtstag und ist echte Schwerarbeit, wenn die Gesundheit nicht mehr so will und man jede Minute spürt, dass man gut aufpassen muss, um nicht am Schwindel umzukippen. Teilweise haben wir Lebensmittelboxen dabei, die 40kg und mehr wiegen, und an manchen Tagen schaffe ich das schlicht nicht mehr ohne die Unterstützung eines zusätzlichen Helferlins. Jedenfalls bemühen wir uns jeden Donnerstag aufs Neue, alles so zu organisieren, wie wir es auch die letzten 278 Verteil-Donnerstage seit 2018 machten.
Als alles aufgebaut und bereit war, um mit der Ausgabe zu beginnen, sagten mir Kajas und unser Max, dass sie künftig nicht mehr so oft helfen können. Die Beiden werden echt fehlen, nicht nur als Helferlein, sondern als Menschen, die mir wichtig sind. Wir werden schnell Lösungen finden müssen, um Kaja und Max ersetzen zu können, sonst werden wir den Verteil-Donnerstag personell nicht mehr schaffen.
16 Uhr, Kaja beginnt den Laptop mit den ersten Karten zu füttern und abzufragen, wer was wann bekommen hat und was er/sie heute haben möchte. Diese Software ist für uns ein richtiger Segen, da wir alle Spendenausgaben speichern und abfragen können.
Ein paar Schützlinge in der Warteschlange muss gesagt werden, dass in der Warteschlange das Rauchen verboten ist, manche brauchen diese „Erinnerung“ jede Woche, leider. Sonst ist aber große Disziplin in der Warteschlange. Wir verkürzen die Wartezeit für alle mit einem Becher heißen Tee und für die Raucher gibt es 2 Zigaretten. So lange wir gespendete Zigaretten haben, geben wir diese am Verteil-Donnerstag an die Raucher aus und es freuen sich alle drüber.
Und wieder müssen wir auf der Hut sein, weil sich wieder manche neue Kleidung erschleichen wollen, und dem beugen wir massiv vor. Wenn jemand ein kaputtes Kleidungsstück trägt, bekommt er/sie ein neues so ein aktueller Einkommensnachweis vorliegt, aber wir sind halt keine 2. oder 3. Ausstatter. Nur weil jemand gerne ein 2. oder 3. Paar Schuhe hätte, deshalb bekommt er/sie noch lange keines, erst wenn die Schuhe, die er/sie trägt, wirklich kaputt sind, werden neue ausgehändigt. Wir haben eine Verantwortung gegenüber all unseren Spender*innen, da wir versprochen haben, dass alle Spenden dort ankommen, wo sie dringend gebraucht werden. Und wenn jemand intakte Schuhe hat, ist die Notwendigkeit für neue Schuhe nicht gegeben. Aber wir kennen inzwischen all unsere Pappenheimer, die immer glauben uns für dumm verkaufen zu müssen und neue Kleidung einfordern, dem begegnen wir entschieden und machen auch eine entsprechende Ansage.
Unsere Anni ist heute im Bus bei der Kleidung und bei der Kühl- bzw. Tiefkühlware, und Anni muss sich mit Kaja absprechen ob jemand der Kleidung haben möchte, auch einen aktuellen Einkommensnachweis erbrachte. Und hier merken halt manche Personen schon recht schnell, dass man hier jemand gegeneinander ausspielen kann, aber ich bin ja in Reichweite und merke solche Dinge schon im Ansatz und erteile denen eine Absage.
Ich warte heute auf Frau M., der ich einen Gutschein übergeben möchte, doch sie kommt heute nicht, also wird ich den Gutschein nächste Woche überreichen. Frau M. fehlt mir immer, wenn sie nicht da ist, sie vermittelt Güte, Gnade, Liebe, Verstand, Vergeben und Menschlichkeit. Ich habe selten so eine Frau kennengelernt, die mit so einer Aufrichtigkeit ihr Schicksal erträgt und lebt. Ich verneige mich zutiefst vor dieser Frau, die nichts besitzt, keinen Cent Pension bekommt und nur einen kleinen Unterhalt von ihrem Ex-Mann bekommt, der sie auch mitversichert um überhaupt ihren Krebs behandeln lassen zu können. Manchmal ist unser 08/15 System zutiefst abstoßend, wenn es dann solche Menschen trifft, die nichts dafürkönnen, für all das.
Unser Tee geht in der Zwischenzeit gut weg, Franziska und ihre Emma sind auch gekommen, Franziska trinkt alleine bei einem Verteil-Donnerstag schon gut 7…8 große Becher heißen Tee. Emma bekommt von mir ein Leckerli, worauf sie zu winseln beginnt vor lauter Freude. Emma ist gut angezogen, sie hat einen warmen Schutz an, der sie wirklich warmhält, gottseidank. Franziska stellt sich ganz hinten an und lässt einen nach dem anderen vor, sie habe es nicht eilig sagt sie zu allen. Manche unserer Schützlinge packen ihren Rucksack so voll, dass sie ihn nicht mehr zuschnüren können, was mir lediglich ein Kopfschütteln entlockt.
Zwischendurch kommt ein Mann mit einem PKW, der mir eine Schachtel in die Hände drückt und meint: „Bitte verteilen sie diesen Alkohol an die Obdachlosen“. Ich erkläre ihm, dass ich mich strafbar machen würde, wenn ich diesen hochprozentigen Alkohol hier verteilen würde, worauf er mir antwortet: „Schauts wie ihr den verteilen könnt“, irgendwie habe ich den Eindruck, dass er mich nicht verstanden hat, ich wiederhole mich ihm gegenüber worauf er sich umdreht und wortlos wieder wegfährt. Ich habe keine Ahnung was sich jemand denkt, wenn er uns 7 große Flaschen 80%igen Rum, Metaxa, Wodka usw. bringt und uns dazu vergattert, es zu „verteilen“. Wir haben nun einen Weg gefunden wie wir den Alkohol wieder los werden ohne ihn an unsere Schützlinge zu verteilen.
Der Verteil-Donnerstag läuft eigentlich ganz gut, es ist finster geworden und ich schaue oft rüber zum ehemaligen Ibis-Hotel, das nun seit langer Zeit schon leer steht und für die Linzer Obdachlosen ein tolles, warmes Winterquartier sein könnte, aber leider hat die Linzer und oberösterreichische Politik keine Absichten, unseren Schützlingen den Winter erträglicher zu machen, das wird auch künftig keiner der Linzer Bürgermeisteranwärter machen, Armut und Obdachlosigkeit haben eben keine Lobby.
Kaja ruft mich zu sich wegen einem Mann, der bei der Caritas Armutsmigration gemeldet ist und sich bei uns Lebensmittel holen möchte. Er hat eine E-Card und ist somit registriert und berechtigt, bei uns zu leben und ist nicht illegal hier, er bekommt aber auch nur Lebensmittel da noch einige Unterlagen fehlen, was wir ihm so auch sagen. Er wird die Dokumente nächste Woche nachreichen.
Ich gehe die Line runter und rauf, schaue mir den Verkehr an und rede immer wieder mit unserem Team und frage nach deren Eindrücke. Alles OK!
Kurz vor 18 Uhr kommen noch 3 Schützlinge, wir beginnen langsam zusammenzuräumen, Kaja fährt den Laptop herunter und verabschiedet sich, wir räumen zusammen und räumen dann alles in den Bus. Der kalte Wind der letzten Stunden hat es bis unter die letzte Zwiebelschicht geschafft und ich friere heute enorm, was ich eigentlich von mir nicht kenne, aber es ist so, auch schon die letzten Wochen so gewesen.
Der Bus ist eingeladen und eingeräumt, alles verzurrt und wir brechen auf nach Ansfelden, dort alles wieder ausräumen und einlagern. Danach noch auf ein kurzes Resümee ins Lager und ein paar Minuten einen Meinungsaustausch anstreben und zusehen, dass es allen gut geht, bevor wir alle nach Hause fahren.
Der Verteil-Donnerstag endete bei mir wieder knapp vor 23 Uhr, und seit 6 Uhr früh stand ich auf der Matte, lange und schwere Tage sind das jede Woche für mich. Aber es übermittelt ein gutes Gefühl, 99 Menschen geholfen zu haben, DANK EURER UNTERSTÜTZUNG!
Habt großen Dank und Vergelt’s Gott, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften. DANKE!
In meinem Kopfhörer klingt gerade ein 70er Song, „Vietnam“ von Jimmy Cliff, ein Dauerbrenner, den ich gerne höre. Die Reggae-Vibes vermitteln ja auch ein gutes Gefühl, bringen Sonne und Strand ins Gemüt, das nach so einem langen Posting etwas strapaziert ist.
Euch ein erholsames Wochenende noch und, Gott segne Euch!
*/Name und ev. Geschlecht geändert!