In Zeiten wie diesen…
In Zeiten wie diesen wo sich die Erde scheinbar in die völlig falsche Richtung dreht, wo das „normale“ Leben durch verschiedene Eskalationen aus allen Fugen gerät, wo kein Stein auf dem anderen bleibt, bleiben die ärmsten Menschen weiter am Rande der Gesellschaft. Diejenigen, die in der Pandemie Kurzarbeit hatten oder gar gekündigt wurden, hatten nicht viel Zeit, sich finanziell zu erholen. Viele Menschen rutschten in den letzten 2 Jahren auch von der Kurzarbeit in die Kündigung und so weiter ins Abseits. Finanzielle Hilfen gab es ausschließlich für Industrie und Gewerbe, und hier nicht zu knapp. Auf Unterstützungen für den Bürger wurde auf ganzer Linie „vergessen“. Von all den Lock Downs, die auch das restliche Leben völlig durcheinander wirbelten, gar nicht zu reden. Diese Pandemie und all die politischen Entscheidungen dazu waren völlig überzogen. Z.B. mussten alte Menschen in Krankenhäusern und Altersheimen völlig alleine sterben, ohne die Liebsten noch einmal sehen zu dürfen, um sich zu verabschieden. Eine unerträgliche Entscheidung, die bis tief ins Mark erschüttert. Von den politisch gewollten (Impf) Pflichten rede ich erst gar nicht. Ich selbst habe seit der 1. Impfung, nachweislich (Internist) von dieser Impfung eine Herzmuskelentzündung, die ich scheinbar nicht mehr los werde. Menschen wurden mit drohenden Einschränkungen dazu gedrängt und verpflichtet, Dinge zu tun die völlig ohne Hausverstand waren und immer noch sind. Es mag schon sein, dass die Impfung vielen Menschen einen milden Verlauf von Corona bescherte, doch vielen brachte die Impfung massive zusätzliche gesundheitliche Probleme. ‚
Von den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, von all den Anschuldigungen und Unterstellungen erst gar nicht zu reden. Gute Freunde wurden durch Corona gespalten und gingen im Streit auseinander. Diese Spaltungen fanden auch in vielen Familien statt, wo sich Menschen das Recht herausnahmen, andere Familienmitglieder auf deren „Impf-Verantwortung“ hinzuweisen. Völlig absurde Verhaltensweisen und haarsträubende Argumente wurden hier an den Tag gelegt, nur um jemandem eine Impfung aufzudrängen. Hier ist etwas passiert, wo sich vor 3-4 Jahren niemand ausgemalt hatte, dass je so etwas passieren könnte. Die Politik war natürlich über diese gesellschaftliche Spaltung überglücklich, hatte sie doch leichtes Spiel, Menschen gesundheitspolitisch zu beeinflussen oder ihnen gar Verbote aufzuerlegen. Auch ich wurde gezwungen zur Impfung, da wir als Konsequenz unseren Verteil-Donnerstag nicht mehr machen durften. Nur wegen dieser Drohung und den wöchentlichen Erlaubnissen der Polizei und des Krisenstabes des Landes O.Ö. durften wir den Verteil-Donnerstag weiterhin machen.
Warum ich das hier schreibe? Weil das vor etwa 2 Jahren der Beginn war, Menschen politisch zu instrumentalisieren. Die Pandemie nimmt so gut wie niemand mehr wirklich ernst und ich glaube auch, dass die 4. Impfung sehr schwer durchzusetzen sein wird. Die Menschen wollen am liebsten von Corona gar nichts mehr hören, die Menschen wurden die letzten Monate mit Themen rund um die Eskalation in der Ukraine konfrontiert, mit allen Auswirkungen. Energiepreise, Mietpreise, Betriebskosten, Lebenshaltungskosten, die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Dinge für den Alltag. Die Menschen, die während der Pandemie von Kündigung oder Kurzarbeit betroffen waren, hatten keine Möglichkeiten Geld anzusparen, diese Menschen treffen diese perversen Preissteigerungen direkt. Dazu kommt eine gewollte künstliche Verknappung diverser Lebensmittel, um die Preise hochzuhalten.
In welcher Welt leben wir eigentlich? Wo ein Direktor eines öst. Energie Unternehmens auf den künftigen Gewinn von 2,1 Milliarden Euro hinweist, und gleichzeitig die monatlichen Strom-Akontozahlungen grundlos verdoppelt. Welche Welt ist das, wo man sich derart bereichert und die Masse der Kunden sagen trotzdem nichts? Was muss noch alles geschehen damit das Volk endlich aufsteht und sich wehrt? Ich verstehe es nicht. Solche Preisgestaltungen treffen die Ärmsten zuerst, die keine Reserven haben, um diese monatlichen Raten bezahlen zu können.
Ich bekomme jeden Tag Anrufe, Mails, wo ich um Hilfe gebeten werde. Teils brauchen die Menschen Lebensmittel, Hygieneartikel, die sie sich nicht mehr leisten können, teils können viele die Stromrechnung nicht mehr bezahlen, können die Betriebskosten und Mieten nicht mehr bezahlen, der „Trend“ geht steil nach oben und der Ruf nach Hilfe wird mit jedem Tag lauter und schriller. Ich habe hier 7 Mails liegen, wo wir um Hilfe gebeten werden, teils wegen genau der oben genannten Lage. Nur, wir können nicht für 7 Menschen/Familien die Miete bezahlen oder Kaution hinterlegen und obendrein noch die Betriebskosten übernehmen. Das ist uns leider nicht möglich. Hier sind auch Familien mit Kindern betroffen, die kurz vor der Delogierung stehen und nicht mehr weiter wissen. Ihnen die Hilfe abzusagen, tut richtig weh, aber dieses Ausmaß ist für uns unmöglich. Und, wir stehen auch direkt vor der nächsten Wintersaison und wissen zurzeit selbst nicht, wie wir diese finanziell überleben können. Der Spendenfluß ist schon lange abgerissen und wir haben in den nächsten 2 Wochen eine Vorstandssitzung, wo wir entscheiden müssen, welche Dinge wir künftig noch machen und welche Aktionen wir ersatzlos streichen müssen. Diese Zeit ist alles andere als schön, denn jemandem zu sagen: „Wir können leider nicht mehr helfen“, tut weh, sehr weh. Weil es wieder nur die ärmsten Menschen trifft, die vom Leben eh schon gebeutelt sind und nicht mehr weiter wissen.
Unser Verteil-Donnerstag geht aus der Sommerpause und wieder in den wöchentlichen Betrieb über, das heißt wir fahren ab sofort wieder jede Woche (so uns das finanziell möglich ist) nach Linz und verteilen alles notwendige an unsere Schützlinge. Der Donnerstag-Vormittag war geprägt von den üblichen Tätigkeiten. Wurst/Leberkäse portionieren und neu verpacken, Obst und Gemüse aus den Verpackungen nehmen und aufbereiten, alles, was wir sonst noch brauchen, bereitstellen, um nichts zu vergessen. Kanister mit Wasser, Geschirrtuch, Lavor, Greifzangen, Plastiksackerl usw.. Das süße Gebäck auf Genießbarkeit durchschauen bzw. aussortieren. Die Getränke aus unserem Kühllager bereitstellen, die großen Mengen Käse, die wir bekamen, umpacken damit die Kühlkette erhalten bleibt. Viel Organisatorisches, das jeden Donnerstag zu machen ist, vom Einkauf heute früh beim Hofer, über teilweise Winterkleidung, die wir schon einpacken müssen und bis auch das letzte notwendige Detail eingepackt ist. Den Bus laden wir schon zu Mittag, da Matej bald weg muss und wir danach nicht mehr genug Leute sind, um unsere Donnerstagswagerl einladen zu können. Es geht ziemlich flott und reibungslos, wobei ich schon die Anstrengung spüre nach der Sommerpause.
Um 15.05 Uhr fahren wir los, Richtung Linz, der Wettergott hat uns heute gutes Wetter versprochen, hoffentlich hält er Wort. In Linz angekommen warten wie immer schon einige unserer Schützlinge. Wir laden aus und bauen auf. Ich muss heute, weil unser Maxx nicht da ist, auch die Reihe hinten im Auge behalten. Wie fast immer gibt es dort Diskussionen und lautstarke Behauptungen von immer den gleichen, denen wir schon tausendmal sagten: „Nicht in diesem Ton und solche Aussagen“. Manche sind einfach unverbesserlich. Nachdem alles aufgestellt ist, holen wir fürs gesamte Team vom Würstel-Treff Bosnas, worüber sich alle freuen. Punkt 16Uhr beginnt die Ausgabe, hoffentlich ordentlich und gesittet.
Es dauert nicht lange, da kommt „Rene“, den wir letzten Winter ein Zimmer anmieteten, weil er „schwer“ krank war. Damals schon war von seiner Seite nur wenig Dankbarkeit zu sehen, heute steht er wieder hier in der Schlange und geht ganz frech vor die anderen und redet mit mir in einem unmöglichen Ton: „Ich will neue Schuhe.“ Ich sage: „Du hast gute Schuhe an, wenn diese kaputt sind, bekommst du neue, aber wir sind nicht für ein 2. Paar zuständig.“ Worauf er mir wörtlich antwortete: „Die sind gleich kaputt, warte kurz“. Ich mach ihn drauf aufmerksam, dass unsere Ausgaben alles Spenden sind und er mit unseren Spenden ganz sicher so nicht umgeht. Er bekommt kein 2. Paar Schuhe sage ich ihm, worauf er mir antwortete: „Warte ich filme dich und zeige es den Leuten im Internet, dass du mich als Obdachloser frieren lässt.“ Meine Geduld ist genau hier zu Ende, ich sage Rene, dass er gehen soll, weil die Spendenausgabe hier endet für ihn. Er beschimpft mich noch ziemlich derb, was seine Chancen für die nächsten Monate bei uns Lebensmittel zu bekommen, ziemlich einschränkt. Gefährliche Drohungen oder wüste Beschimpfungen gegenüber dem Team oder mir, das geht gar nicht, das lassen wir uns auch nicht gefallen. Beim Weggehen zeigt er mir noch genau DEN einen Finger, was ich durch mein Umdrehen ins Nirvana schicke. Manchmal lasse ich mir zu viel gefallen, das wird sich ändern, überhaupt wenn mich jemand nicht ernst nimmt oder mich beschimpft.
Der lange Hansi kommt auch, es tut gut ihn zu sehen, da er die letzten Male nicht da war. Er klärt es gleich auf, warum er nicht da war. Er war im Krankenhaus, 3 Wochen, hat immer noch den Gips an der gebrochenen Hand und er ist erstaunlich gut drauf, nüchtern. Hansi braucht einen Schlafsack, den hat man ihm gestohlen, und eine Isomatte dazu. Eine warme Jacke wäre auch noch toll, bekommst du, klar. Seinen netten Charme, warum wir ihn alle so gern mögen, lässt er sprühen wie in den besten Zeiten. Er ist halt ein ganz lieber Kerl, dieser 2,10 große Mann, dem das Schicksal noch nicht viel Gutes getan hat.
Martin steht auch in der Reihe, und er bat mich vor 14 Tagen um ein „Gaffaband“, ein Gewebeband, um seine Plane, unter der er schläft, kleben zu können, da es einige Löcher aufweist und es nass durchgeht. Martin ist mit allem zufrieden, was man für ihn tut, er ist nie laut, nie aggressiv, nie derb oder ungut. Wenn man weiß, dass Martin so leben will wie er lebt, und man ihm nicht dreinredet was er zu tun hat, gibt es keine Probleme. Für uns ist es unverständlich, wie ein Mensch so leben kann, mitten im Wald, auf der nassen Erde, nur mit dem, was er sich bei uns am Donnerstag holt, aber für Martin ist es „gut“. Wenn Martin etwas besonderes benötigt, sagt er es mir und wir sind bemüht es zu besorgen, das kommt aber selten vor.
Zwischendurch schaue ich zu den Optikern von Brillen Zwerger, die ja unsere Verteil-Donnerstage seit einigen Monaten mit ihrer Aktion der kostenlosen Brillen begleiten. Eine großartige Aktion die seinesgleichen sucht. Konstantin und Hanna warten auf Schützlinge, die noch eine Brille benötigen, aber irgendwie haben die Beiden heute viel Zeit, um unseren Verteil-Donnerstag zu beobachten und sich über manche Dinge zu amüsieren.
Im Kleideranhänger steht heute zum 1. Mal unsere Karin, und sie macht ihre Sache super. Auch unsere Maria ist heute wieder dabei, sie ist für uns wie ein Joker, die wir anrufen und um Hilfe bitten dürfen, wenn zu wenig Helferleins angemeldet sind. Darüber bin ich schon sehr glücklich. Auch Silvia kommt nach einiger Zeit wieder, um uns unter die Arme zu greifen und hat auch gleich noch eine wunderbare Nachricht für uns, die ich Euch in den nächsten Wochen hier erzählen werde. Unsere Beate, die wie immer unseren Laptop beklopft, kommt heute auch einige Male an ihre Grenze, weil auch zum Beispiel Melanie, die auch in der Reihe steht, sich echauffiert als wäre sie hier die Dienstaufsicht, und sie legt auch einen Ton an den Tag, der so gar nicht geht, und unsere Beate sagt das deutlich, worauf Melanie einfach wieder geht. Wir nehmen immer Rücksicht auf unsere Schützlinge, aber wenn jemand aus der Spur läuft und sich Dine anmaßt, das geht gar nicht und wird auch unterbunden. Im Grunde sind unsere Schützlinge weder böse noch unverträglich, aber auch ihnen setzt diese Zeit zu, wo Ansprüche auf Leistungen teilweise willkürlich nicht bewilligt werden. Und wenn die Menschen dann kein Geld bekommen und auch nicht mehr krankenversichert sind, werden manche Menschen aggressiv und beginnen um sich zu schlagen, und sei es auch „nur“ rhetorisch. Sie haben von der Gesellschaft nichts mehr zu erwarten sagen sie selbst, und meinen es auch so, sie wurden vergessen und so mancher Politiker hetzt dann auch noch die Polizei auf sie, was zurzeit wieder jeden Tag so passiert. Im Terminal und am Bahnhof, es werden wieder zuhauf Platzverbote ausgesprochen, man treibt die Menschen wieder aus dem Terminal, mit lauter erlogenen Floskeln als „Argumente“, das ist die Situation in Linz, das war sie in den letzten Jahren und das wird sich auch nicht ändern, solange wir diese Typen im Rathaus sitzen haben. Traurig, aber wahr!
Unser Verteil-Donnerstag geht um 18Uhr zu Ende, es war ein durchwachsener Verteiltag, der mir später zuhause, noch ganz schön zusetzen sollte. Wir räumen alles wieder ein und brechen auf Richtung Lager Ansfelden, wo alles wieder bis nächste Woche eingelagert wird. Der heutige Tag zeigte uns deutlich, wie die Menschen auf die Dinge reagieren, die grade in der Welt passieren. Vielen fehlt der Halt, viele stecken in ihrer Welt fest und können weder vor noch zurück, und da ist es egal, ob man ein 2. Paar Schuhe hat oder sich die Toilette leisten kann, die 50 Cent kostet.
Danke an all unsere Wegbegleiter: innen, an all unsere Spender: innen, Vergelt’s Gott und habt großen Dank, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften. Danke an alle Unterstützer: innen, die uns Woche für Woche begleiten und uns auch moralisch unterstützen.
Habt großen Dank für alles!