Kleidung oder Lebensmittel?
Kleidung oder Lebensmittel?
Verteil-Donnerstag vom 21.11.2024:
Besonders empathisch kamen diese Woche einige Spender:innen auf mich zu, sei es beim Einkauf gewesen oder einfach nur auf der Straße, wo ich geparkt hatte. Manche Menschen, und das merkt man schon Weitem, freuen sich sehr uns zu sehen oder uns zu treffen und uns Lob auszusprechen und uns ab und zu auch eine Geldspende zu geben. Dafür sagen wir DANKE!
Sehen uns Menschen irgendwo in Linz oder im Umland sagen sie meistens gerade heraus was sie von uns halten und was sie denken, und hier denken viele Menschen sehr gutes von uns, das freut mich sehr. Wir haben diesen Verein 2016 gegründet um den Menschen noch besser helfen zu können, da man als „Privatinitiative“, die wir vor 2016 waren, im Graubereich liegt, wenn man Geldspenden annimmt. Um unseren Schützlingen besser und gezielter helfen zu können, brauchen wir Geldspenden, um jene Lebensmittel einkaufen zu können, die gerade ausgehen und nur wenig bis gar nicht gespendet werden.
Es ist nichts Unehrenhaftes wie manche behaupten, wenn man als Verein, der so vielen Menschen hilft, Geldspenden annimmt, im Gegenteil, seit 2020 sind wir spendenbegünstigt und man kann die Spenden an uns von der Steuer abschreiben. Wenn ich manchmal angeschrieben werde und gefragt werde ob wir Kleidung annehmen und ich beantworte diese Frage mit einem „Nein“, kommt manchmal die Antwort: „Ja klar, ihr wollt vermutlich nur Geldspenden, so wie alle anderen auch“. Solche Aussagen und Vorverurteilungen kommen relativ oft, wenn wir keine Kleidung mehr annehmen. Aber dass es wirkliche Hintergründe gibt, warum wir keine Kleidung mehr annehmen, wollen die wenigsten hören oder lesen.
Zum einen bekommen wir so um die 90% an Kleidung, die wir lediglich entsorgen können, wegen Lack- und Ölspuren, wegen kaputter Reißverschlüsse oder wegen verschimmelter Kleidungsstücke, die wir aus Kostengründen einfach nicht reinigen lassen können, das würde unseren Rahmen sprengen. Dass wir aber auch ungewaschene Unterwäsche, die wir teilweise noch mit der benützten Monatshygiene, bekommen, ist auch eine Tatsache wie uns manchmal auch Galakleider und Gala-Anzüge gespendet werden. Ich wüsste nicht welche Einrichtung Galakleidung generell annimmt, das sind Ladenhüter und verstopfen einfach nur das Lager, da man diese Kleidung ohne explizite Zusage ja auch nicht verkaufen darf und um den Erlös Lebensmittel einzukaufen, das wäre Betrug am Spender und kommt für uns nicht einmal im Ansatz in Frage.
Ich poste seit Wochen „Bitte keine Kleidung mehr“, und einige Spender:innen stellen uns dann trotzdem einfach vor vollendete Tatsachen und bringen uns Säckeweise alte und kaputte Kleidung, die eben teilweise wie oben beschrieben, aussieht. Manche stellen uns die prall gefüllten Säcke auch einfach vor unser Tor oder zu unserem Anhänger, so quasi „macht damit was ihr wollt“. Ich bitte um Verständnis, dass wir zurzeit NUR warme Winterjacken für Herren und Damen brauchen, und dass wir eben, wie schon oft geschrieben, keine gebrauchte Unterwäsche oder gebrauchte Socken weitergeben, weil wir nicht wissen ob hier nicht jemand einen Pilz hatte. Wir sehen es als unsere Pflicht an, jene Kleidung auszusortieren die wir selbst auch nicht tragen würden, das ist unser Kriterium ob Einzelstücke eingelagert werden oder nicht. Alles was wir selbst anziehen würden geben wir auch weiter, alles andere eben nicht, und das ist leider der überwiegende Teil, den wir dann kostenpflichtig entsorgen müssen, und diese Kosten sind wirklich hoch. Diese Kosten dürfen wir auch nicht von Spendengeldern nehmen, sondern müssen diese Kosten privat bezahlen. Deshalb bitte ich inständig um Verständnis von kaputter Kleidung abzusehen.
Ich bitte aber um Verständnis, dass uns z.B. die 500. Fischdose wenig nützt, wenn andere Artikel wie z.B. haltbare Milch, die wir jede Woche dringend brauchen, nicht nachgekauft werden kann und auch nicht gespendet wird, so wie es zurzeit der Fall ist. Was helfen 600kg Nudeln, wenn wir dann keine Soße oder z.B. ein Sugo ausgeben können, weil unsere Regale leer sind?
Zurzeit müssen wir sehr viele Lebensmittel nachkaufen, weil sie einfach nicht gespendet werden. Haltbare Milch, haltbare Fertiggerichte, Pasta Snack, Instantgerichte, Getränke, Reis, Zucker u.v.a.m.. Hier geht es nicht nur darum, ob wir Spendengelder zur Verfügung haben um die Lebensmittel ankaufen zu können, sondern es geht auch darum, ob man die Mengen die wir brauchen überhaupt kaufen oder bestellen können, auch das ist ein großes Problem. Manche Geschäfte lehnen solch große Bestellungen schlichtweg ab, haben teilweise auch nicht die Möglichkeit diese Mengen zu bestellen.
Ich möchte hier lediglich die Problematik aufzeigen mit der wir zurzeit konfrontiert sind, und nicht wieder rhetorisch negativ auffallen. Wir fahren 4-5-Mal nach Deutschland, um dort Hygieneartikel und Lebensmittel zu kaufen, wir bekommen in Deutschland bei „Rossmann“ einen günstigen Preis, dann nochmal 10% Ermäßigung und wenn wir über €2000,- einkaufen, bekommen wir noch 200-300 Shampoo oder Duschgel kostenlos dazu, und so ein Angebot hat uns noch kein österreichisches Geschäft gemacht. Ich habe versprochen die Spendengelder bestmöglich einzusetzen und das Beste für unsere Spender:innen und Schützlinge herauszuholen, und ich halte mein Versprechen, schon jahrelang, liebe Leute.
Mit Spenden sorgsam umzugehen, ist immens wichtig, mit Spenden transparent umzugehen, ebenso, wir veröffentlichen fast jeden Spendeneingang und jede Spendenlieferung in die Einrichtungen. Wir bilden unseren Verteil-Donnerstag so ab, damit alle erkennen können, was dort passiert. Wir sind unseren Spender:innen verpflichtet, und nur so schafft man Vertrauen, was für einen rein spendenfinanzierten Verein überlebenswichtig ist.
Öfters wenn ich für den Verteil-Donnerstag zum Hofer Ansfelden fahre, um dort Obst und Gemüse einzukaufen, treffe ich manchmal eine Dame die mir schon von Weitem mit einem freundlichen Lächeln entgegenkommt, und genau diese Frau mit einem „Me“ Kennzeichen für Melk, hat jedes Mal, wenn sie mich beim Hofer sieht, eine Geldspende für uns übrig. Es tut gut, wenn uns jemand sagt, dass wir gute Arbeit leisten und dass sie uns, egal wo, verfolgen und alle Postings lesen. Das stärkt mich und ich finde es einfach toll, wenn Menschen uns ihre Meinung sagen, und da ist es egal ob eine kritische Sichtweise angemerkt wird oder einfach nur Lob, wir sind für jeden Tipp offen und versuchen diesen für uns zu nutzen.
Jetzt kommt in großen Schritten die Weihnachtszeit auf uns zu, für viele die schönste Zeit im Jahr, für andere wieder die grausamste, weil sie alleine und auf der Straße leben müssen. Wir machen grade die Erfahrung, dass viele ältere Frauen die delogiert und auf die Straße gesetzt werden, hoffnungslos überfordert sind mit ihrer Situation. Aber auch viele junge oder jüngere Menschen, die vor kurzem obdachlos wurden, sind überfordert und teilweise geschockt, weil sie es nicht kommen sahen, dass sie obdachlos werden könnten.
Letzte Woche am Montag hatte ich wieder einen Vortrag über Armut und Obdachlosigkeit im Stiftsgymnasium Wilhering, diesmal waren mehrere Klassen dabei vereint und lauschten meinen Worten. 3. Klasse, 5. Klasse und 8. Klasse, mit großem Altersunterschied aber mit dem gleichen Interesse, es war einfach toll, wenn man junge Menschen für so ein Thema gewinnen und vielleicht etwas sensibilisieren kann, dann hat man vieles gewonnen, und diesen Eindruck hatte ich hier. Am nächsten Tag schrieb mich Frau Prof. E. an und bedankte sich nochmal für meinen Vortrag und resümierte, dass einige der Schüler:innen die Sichtweise geändert haben durch meinen Vortrag. Großartig! Danke für diese wunderbare Gelegenheit über dieses wichtige Thema erzählen zu können.
Unser Verteil-Donnerstag diese Woche war geprägt von kranken Helferleins, die uns nach und nach absagten, und helfend unter die Arme zu greifen. Die Vorbereitungen liefen wie immer ab, professionell und gezielt, unser Team macht das großartig. Zu Mittag wieder gemeinsamer Mittagstisch, diesmal kochte Rena Krautfleckerl, die einfach nur lecker waren. Den ganzen Tag über rufen schon Menschen an ob und wann wir in Linz sind, unbekannte Menschen, es lässt mich einiges vermuten, da wir schon über der Monatshälfte sind.
Um 15 Uhr sind wir startklar und brechen auf Richtung Linz, wo schon etwa 10 Personen auf uns warten. Heute als große Hilfe dabei, Christian, der mir viel schwere Arbeit abnehmen wird, gottseidank. Im Nu ist wieder ausgeladen und aufgestellt, der Wind heute macht es um einiges kälter als es eigentlich ist.
16 Uhr, wir beginnen mit der Ausgabe, und die überaus schnell angeschwollene Warteschlange bestätigt nun meine Angst von vorhin. Dieser Verteil-Donnerstag soll am Ende der 2. Stärkste werden, den wir je hatten. Es werden uns heute 142 Menschen besuchen und sich Lebensmittel mitnehmen. Wie schnell die abgearbeiteten Plätze in der Warteschlange wieder aufgefüllt werden, schockt mich zutiefst. Kaum habe ich 20…25 Menschen bei der Einkommenskontrolle durchgelassen, ist die Warteschlange hinten noch länger geworden. Wahnsinn was sich heute hier abspielt.
Wie immer haben wir heute viele Neuanmeldungen, 12 an der Zahl, und wir haben wie jede Woche wieder Menschen in der Warteschlange die zwar sehen, was sie bei uns alles bekommen können, nicht aber an ihre Pflicht einen aktuellen Einkommensnachweis mitzubringen, denken. Besonders hervor sticht hier eine Frau, die wirklich jede Woche ein anderes Kleidungsstück möchte, und wo ich schon seit Wochen nein sage, weil ihre Kleidungsstücke, die sie trägt, alle in Ordnung sind. Sie versteht es nicht warum sie keine neuen Schuhe bekommt, na weil sie gute Winterschuhe anhat, deshalb. Wir sind nicht 2. oder 3. Ausrüster, braucht jemand Schuhe, gebraucht oder neu, weil die alten kaputt sind, bekommt er/sie diese, aber eben nicht aus Spaß und Tollerei oder weil man unbedingt neue Schuhe haben möchte. Auch hier sind wir unseren Spender:innen im Wort, gut mit den Spenden umzugehen.
Die Warteschlange ist diszipliniert und ruhig, alle warten geduldig bis sie dran sind, unser Max springt dort ein wo Not am Mann ist, Gebäckausgabe, Ordnung in der Warteschlange, Teekessel betreuen usw.. Max sieht die Arbeit und macht einfach nur das Beste draus, und Max hat allen Respekt unserer Schützlinge, wenn einmal jemand aus der Reihe tanzt.
Meine Finger sind kalt, eiskalt, und ich sitze erst gut 1 Stunde hier, wie müssen unsere Schützlinge frieren die 24/7 in der Kälte sein müssen? Schlimm! Ich sitze heute am PC und prüfe die Einkommensnachweise und alle neuen Daten, Max füllt mit den neuen das Formular aus und erklärt ihnen, wie bei uns alles vor sich geht. Dass wir z.B. von einigen eine Privathaushaltsbestätigung verlangen, weil wir wissen wollen ob dieser Mensch alleine oder mit einer Frau zusammenwohnt und diese eventuell zwei Gehälter haben. Auch das prüfen wir genau.
Zwischendurch kommt eine treue Spenderin mit ihren beiden Kindern, die mir, jeder für sich, € 10,- ihres Taschengeldes in die Hand drücken. Wie nett ist das bitte? Die Kinder waren keine 5…6 Jahre alt und die Mutter sichtlich stolz, dass ihre Kiddies für arme und obdachlose Menschen ihr Taschengeld opfern. Süß!
Und gleich danach kommt die Schwester eines Schützlings, die früher jede Woche zu uns kam und jetzt schon lange nicht mehr am Verteil-Donnerstag mit dabei war. Die Schwester drückt mir € 10,- Geldspende in die Hand und bedankt sich für unsere Arbeit.
Es ist ein Verteil-Donnerstag, der richtig guttut, weil die Dankbarkeit unserer Schützlinge entsprechend groß ist. Viele unserer Schützlinge bedanken sich öfters für unsere Arbeit und wir nehmen dieses Lob dankend zur Kenntnis.
Mittlerweile ist es dunkel geworden, unsere Akkulampen sind eingeschaltet und die Warteschlange reißt und reißt nicht ab, die ersten Lebensmittelboxen sind schon leer und wir haben noch so viele Menschen hier, die auch Lebensmittel brauchen. Die leeren Boxen türmen sich binnen kürzester Zeit, auch die Kühltruhen leeren sich ziemlich schnell, wir hoffen es reicht für alle 142 Menschen.
Manche in der Warteschlange legen eine Rhetorik an den Tag als würden ihnen Dinge von uns einfach zustehen, so als ob sie alles fordern könnten, diesem Verhalten geben wir schnell einen Gegenwind und klären auf, dass hier nichts selbstverständlich ist, sondern alles auf spendenfinanzierter Basis. Einige müssen gebremst werden, sonst würden sie jede Woche ein paar neue Kleidungsstücke fordern und das geht gar nicht. Wie gesagt, ist ein Kleidungsstück kaputt, bekommt er/sie ein neues, aber NUR dann!
Es ist schon 18 Uhr vorbei, eigentlich geht unser Verteil-Donnerstag jetzt zu Ende, doch es warten noch etwa 20 Menschen in der Warteschlange, die auch noch Lebensmittel brauchen. Der Großteil unserer Lebensmittelboxen ist leer und schon verteilt, ein paar haben wir noch und ich hoffe, es reicht für alle.
Punkt 18.30 Uhr geht der letzte Schützling weg von uns und wie gesagt, es waren insgesamt 142 Menschen heute bei unserem Bus. Wir laden schnell alles in den Transporter und brechen auf nach Ansfelden, wo wir wieder alles einlagern. Der Tag ist jetzt schon ein recht langer, bin müde und ich friere, und nachdem alles eingelagert ist, bringe ich Sandra heim und fahre dann ebenfalls heim, um eine heiße Dusche zu nehmen. Wir können heiß duschen, unsere Schützlinge haben nicht so viel Glück und müssen in der Kälte frieren. Der Gedanke daran überzieht mich jedes Mal mit Frösteln und einem Unwohlsein.
ABER, dieser Verteil-Donnerstag war wieder ein toller Tag an dem wir wieder umfangreich geholfen haben.
Danke an alle Spender:innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften.
Vergelt’s Gott und habt großen Dank! 😊