Konsequenzen und Dankbarkeit!
Konsequenzen und Dankbarkeit!
Verteil-Donnerstag vom 8.2.2024:
Die Herzlichkeit der Menschen, jene unserer Spender:innen und Wegbegleiter:innen, ist schon sehr groß und manchmal grenzenlos. So wurde ich vergangene Woche zweimal in Geschäften erkannt und diese Menschen bedankten sich innig und oft für das, was wir machen und wie wir es machen.
Am Donnerstag vorm Hofer in Ansfelden kam eine Frau und drückte mir, nachdem ich vom Einkaufen zurück zum Transporter kam, eine große Tasche mit selbstgestricktem und zusätzlich noch € 20,- in die Hand und sagte mir, dass sie mich schon ein paar Wochen immer am Donnerstagfrüh beim Hofer sieht, mich aber letztendlich nie wirklich zum Greifen bekam. Diese Frau drückte ihren Dank und ihre Herzlichkeit so nett aus, dass mir das noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Ich werde oft von Menschen angesprochen und es wird mir immer wieder gesagt, dass meine Beiträge sie alle abholen und mitnehmen, auf die Reise durch die Obdachlosigkeit. Ich versuche Woche für Woche die Problematik, die sich unseren Schützlingen stellt, authentisch zu formulieren und niemanden zwischen den Zeilen stehen zu lassen. Das ist mir wichtig. Manche Situationen kann und will ich auch gar nicht detailliert darstellen und formulieren, weil mir manche Situation einfach zu tiefgreifend, zu unpersönlich und zu böse sind, um diese zu transportieren. Das meiste aber versuche ich für Euch, jede Woche in manchen Satz einzupacken und es Euch zu überlassen, diese Aussagen wirken zu lassen oder aber im Ansatz abzuwürgen. Meine Postings versuche ich immer authentisch und wahrheitsgetreu zu schreiben und euch zu erzählen, was genau passierte und bei wem.
Dass aber jedes Licht auch einen großen Schatten hat, ist unbestritten und für alle ersichtlich. Wir sind nicht perfekt, wir machen Fehler, ich mache Fehler. Ich muss oft bei Gesprächen in Sekunden entscheiden, ob ich antworte und wenn ja, wie ich antworte. Ich habe aber immer das Wohl meiner, unserer Schützlinge im Fokus, das ist mir das Wichtigste, alle Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, so darzustellen, wie sie auch im wahren Leben sind. Mit allen Konsequenzen und den besten Absichten. Wenn mich aber jemand direkt fragt, so wie es vor etwa 14 Tagen passierte, Zitat: „Wie kann man diese Menschen bei ihrer Faulheit auch noch unterstützen?“ Dann sage ich auch, dass diese Frage eine ist, die ich, wie die fragende Person selbst, nicht sehr ernst nehmen kann. Manche Menschen glauben immerzu hetzen und schimpfen zu müssen, über alles und jenes, sehr viel Ahnung von der eigentlichen Problematik haben gerade diese Menschen, nicht. Sie hinterfragen die Situationen nicht, teilweise wird behauptet, dass sich die Meisten Obdachlosen freiwillig selbst dafür entscheiden haben, auf der Straße zu leben, was ein großer Blödsinn ist. Denn kein einziger Obdachloser ist gerne auf der Straße und jeder einzelne möchte lieber heute von der Straße weg als morgen. Aber dieses Totschlag-Argument, das keines ist, wird immer wieder von der Politik eingeworfen, um nicht in die Situation zu kommen, zusätzlich Geld in obdachlose Menschen investieren zu müssen. Ich habe in meinen Jahren, in denen ich diese Arbeit mit Obdachlosen mache, noch nie von jemandem gehört: „Ich bin gerne auf der Straße und will keine Hilfe“. Alle brauchen und alle wollen Hilfe, aber eben eine individuelle und keine Systemgeleitete, die alle Obdachlosen in ein „Allzweck-Hilfs-Korsett“ zwängt und ihnen dann mehr Probleme bereitet als das Leben auf der Straße.
Es gäbe viele Situationen zu beschreiben, in denen sich vermutlich viele von Euch liebe Wegbegleiter:innen, selbst auch wieder finden würden, es aber oft an anderen Stellschrauben liegt, warum mancher obdachlos wird, andere in der gleichen Situation aber nicht. Im Grunde kann man sagen, dass wenn noch ein soziales Netz, sprich Familie oder Freunde da sind, die jemanden auffangen der gerade ins uferlose stürzt, dieser Jemand es zu einem hohen Prozentsatz in ein normales Leben zurück schaffen wird, als jene Menschen, die niemanden mehr haben, der ihnen aus diesem Abwärtsstrudel hilft. Die auch keine Ressourcen und kein Geld auf der hohen Kante haben und somit viele Situationen eskalieren lassen müssen.
Heute, mit all den Teuerungen im Lebensmittelhandel, bei den Lebenshaltungskosten, bei den Mieten und Betriebskosten sowie bei den Energiepreisen, ist es wahrlich kein Wunder, wenn jemand einfach abstürzt und es nicht mehr schafft, alles zu bewältigen. Wenn Menschen den wöchentlichen Einkauf nicht mehr machen können, weil kein Geld mehr da ist, wenn sich Menschen nichts mehr leisten können und dadurch noch zusätzlich vereinsamen, dann ist das eine Situation, die viele Menschen in eine unerträgliche Lage bringt und die wir seit Monaten jede Woche bei unserem Verteil-Donnerstag beobachten. Wir haben viele, viele neue Schützlinge dazubekommen in den letzten Monaten, die uns jede Woche ihre große Dankbarkeit zeigen und aussprechen. „Was würden wir tun wenn’s euch nicht gäbe? Dann gäbe es viele von uns nicht mehr“ ist hier ein Satz, der fast jede Woche gesagt wird.
Trotzdem ist es traurig, dass es unsere Obdachlosenhilfsaktion braucht, um Menschen zu helfen. Armut und Obdachlosigkeit kann vielfältig sein, hat viele verschiedene Facetten und man kann nicht eine mit der anderen vergleichen, weil jeder Mensch individuell ist und Hilfe braucht, die jeder Mensch selbst definiert und nicht jene, die irgendeine Regierung bestimmt und zwangsweise „vollstreckt“ wird.
Liebe Wegbegleiter:innen und Gönner:innen, Ihr könnt jede Woche sehen, wo eure Spenden verteilt werden und wer eure Spenden bekommt, diese Transparenz ist uns sehr, sehr wichtig und wenn es auch viel Arbeit ist, alles medial aufzubereiten, wir bleiben unserem Weg treu und werden immer diese transparente Vorgehensweise darlegen, weil wir nur so euer Vertrauen bestätigen können. Liebe Spender:innen, wir sagen wieder einmal DANKE und Vergelt’s Gott, dass Ihr uns immer wieder so tatkräftig unterstützt, dass wir unseren Verteil-Donnerstag Woche für Woche abhalten können und dadurch vielen Menschen direkt helfen können.
Diesmal geht es wie an allen anderen Donnerstag-Vormittagen auch zu, alles vorbereiten und portionieren, alles einzupacken und auf nichts zu vergessen. Heute Mittag kommt David um mir beim Transporter beladen zu helfen, was wir dann auch in rekordverdächtiger Zeit schaffen, 20 Minuten. Bleibt noch genug Zeit, um zu kochen und zu essen, und um stehengebliebenes einzulagern.
Um 15.05 Uhr brechen wir, Ingrid und ich auf, Richtung Linz, wo schon etwa 15 unserer Schützlinge warten. Heute werden Hilde und Simone das erste Mal wieder seit Monaten dabei sein, um uns zu unterstützen. Ich bin froh, dass es unserer Hilde wieder gut geht und die wieder beim Team ist. Wir bauen im Eilzugstempo auf und stellen fest, dass wir trotzdem wieder einiges vergessen haben, Cabanossi zum Beispiel.
Um 16 Uhr beginnen wir, Lebensmittel auszugeben, Kaja sitzt wieder am Laptop, Max macht seine bewährte Arbeit direkt bei unseren Schützlingen in der Warteschlange und sorgt dort für Disziplin und Unterhaltung. Heute sind auch wieder einige neue Gesichter in der Warteschlange, es ist nichts neues, dass wir jeden Donnerstag neue Menschen in der Warteschlange begrüßen müssen. Simone und Hilde geben die Kühlwaren und die Kleidung im Transporter aus, Brigitte, Ingrid, Sandra und Karl rocken die Line und Max und ich sind bei den Leuten, um mit ihnen zu reden und eventuell bei Problemen Tipps zu geben.
Am Ende des Tages werden es heute 85 Menschen sein, die zu uns kamen und sich für die ganze Woche Lebensmittel holten. Nach 121 Besuchern am 25.1.2024 und nach 120 Besuchern letzte Woche am 1.2.2024 heute wieder 85 Menschen, die Zahlen waren seit Beginn unseres Verteil-Donnerstags am 15.8.2018 noch nie so gleichbleibend hoch, das macht mir etwas Angst. Weil wir die Lebensmittel, die wir vorne ausgeben ja hinten wieder irgendwie hereinbringen müssen, sonst fällt ja unsere Obdachlosenhilfsaktion zusammen und wir hätten bald nichts mehr auszugeben.
Heute ist es ruhig in der Warteschlange, alles normal und ich kann heuet viele Gespräche führen, bis um etwa 17.30 Uhr der „Herr“ Andy kommt, der nicht versteht, warum er heute nichts bei uns bekommt, aber so wie er sich in den letzten Monaten aufführte und wie er mich behandelte, deshalb hat der „liebe“ jetzt Bedenkzeit, 3 Monate, um nachzudenken, ob er den „richtigen“ Umgangston mit uns benutzte und ob er uns seine Respektlosigkeiten weiterhin entgegenwerfen kann. Ich werde es nicht zulassen, dass man uns so behandelt wie er es tut. Wir bringen allen große Wertschätzung und Respekt entgegen, das Gleiche fordern wir ein, einen wertschätzenden Umgang, der dem „Lieben“ fremd sein dürfte. So geht es nicht und das lassen wir uns auch nicht gefallen. Wir machen alles ehrenamtlich und in unserer Freizeit, unentgeltlich und gerne, aber deshalb brauchen wir uns hier nicht so behandeln lassen, deshalb die Konsequenz, und auch, weil er ja schon 2-mal eine Sperre hatte und dadurch scheinbar nichts dazulernte.
Der Tag wird dunkel und unser Verteil-Donnerstag geht langsam dem Ende entgegen, die Lebensmittelboxen sind genauso leer wie in den letzten Wochen auch, obwohl heute 35 Bedürftige weniger kamen, die Bedürfnisse aber sind groß, und die Existenzangst kommt dann auch noch dazu, warum man mehr einpackt als sonst.
18 Uhr, wir packen ein und bringen alles wieder in den Transporter, wo wir alles wieder einlagern. Im Lager noch ein kurzes Team-Gespräch, wo alle ihre Eindrücke erzählen, wo Einzelheiten besprochen und Dinge für die nächste Woche geplant werden.
Danke und Vergelt’s Gott liebe Spender:innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften und dass wir wieder 85 Menschen in Eurem Namen helfen durften.
Gott segne euch.