Danke, und hab‘ mich gern!
Danke, und hab‘ mich gern!
Verteil-Donnerstag vom 1.2.2024:
Diese Woche begann mit einigen Anrufen, die ich nicht alle wirklich einordnen konnte. Aber alles der Reihe nach.
Warum gibt man Spenden, die man bekommt, an private „Freunde“? Ich weiß von einigen „Vereinen“, in Oberösterreich, die ganze LKW-Ladungen mit verschiedenen Spenden z.B. nach Rumänien verkaufen, und sich dann aber wundern, wenn sie irgendwann keine Spenden mehr bekommen.
Der Umgang mit Spendengüter, seien es Sach- oder Lebensmittelspenden, Geldspenden oder andere Zuwendungen, die Spender:innen aus tiefstem Herzen für z.B. arme Menschen geben, sollte ein respektvoller, ein wertschätzender und ein absolut transparenter sein. Ich kann nicht auf der einen Seite, Spenden zweckentfremden oder privat verbrauchen und dann auf der anderen Seite die zweite Hand aufhalten. Wer so einen Zugang und Umgang mit Spendengütern hat, braucht sich nicht wundern, wenn irgendwann Quellen versiegen. Mich macht so ein Verhalten wütend, traurig und verständnislos.
Wir haben seit Beginn unserer Obdachlosenhilfsaktion im Jahre 2013, als wir noch eine Privatinitiative waren und damals schon auf Sach- und Kleiderspenden angewiesen waren, immer jedes Paar Socken, jeden Pullover und jedes Shampoo veröffentlicht und immer transparent gezeigt, woher die Spenden kamen und wer sie bekam. Das war mir von Beginn an wichtig, sehr wichtig. Es ist zwar ein enorm hoher Aufwand, alle Bilder und Texte aufzubereiten und zu veröffentlichen, aber unsere Spender:innen finden nur Vertrauen, wenn man einen ordentlichen Umgang mit Spenden zeigt und diesen Umgang respektvoll an die oberste Priorität stellt. Meines Erachtens sind manche Vereine schon selbst dafür verantwortlich, wenn sich Firmen oder Privatspender verabschieden.
Nicht nur der Umgang mit diversen Spenden soll und muss ein ordentlicher und wertschätzender sein, auch jene Zeitspenden, die gütige und hilfsbereite Menschen als Hilfe und Unterstützung anderen Menschen angedeihen lassen, dürfen nicht einfach als „selbstverständlich“ an- und hingenommen werden. Es gibt keinen „Rechtsanspruch“ auf Hilfe von privaten Helfern. Und somit sind wir bei einem Beispiel, das mich auch wütend macht, wenngleich ich auch ein klein bisschen verstehen kann, warum das so passiert ist.
Ein Obdachloser, nennen wir ihn „Harald“, vegetierte bis vor etwa 2 Jahren in einem Durchgang, in der Nähe vom Linzer Dom. Völlig vermüllt konnten Passanten diesen Durchgang nicht mehr nützen und mussten auf die unübersichtliche, gefährliche und enge Straße ausweichen, um den Weg fortzuführen. „Harald“ ist psychisch krank und Messie, er glaubt an Außerirdische und an Kräfte und Energien, die ich als mündiger Mensch nicht kenne, sagen wir mal so. Für „Harald“ ist das ein großes Problem, weil ihn niemand versteht. „Harald“ musste den Platz in dem Durchgang räumen und ging wieder zurück, nach Leonding an einen Waldrand, wo er unter einer Gewebeplane lebte. Als es vor kurzem so kalt wurde, suchte sich „Harald“ ein warmes Plätzchen in einem privaten Keller, der nicht abgesperrt war.
Erst nach Tagen fiel „Harald“ bei den Nachbarn auf, die eigentliche Eigentümerin des Kellers hat ihn bis dahin noch gar nicht bemerkt und als sie ihn bemerkte, fiel sie aus allen Wolken. „Harald“ verhielt sich wie ein Messie, verrichtete seine „Geschäfte“ in diesem Keller und ließ viele Essensreste umherliegen, was ein gefundenes Fressen für Maus und Ratten war. Frau S., der dieser Keller gehört, wurde schon von den Nachbarn drangsaliert, „Harald“ wegzuschicken, denn das kann so nicht sein. Die Nachbarn mischten sich immer intensiver ein und forderten Frau S. auf, endlich Konsequenzen zu ziehen und die Polizei zu rufen. Die Nachbarn meldeten es auch der Wohnbaugesellschaft, die als Eigentümerin der Anlage ebenfalls Druck auf Frau S. ausübte. „Harald“ wurde mehrmals täglich aufgefordert von Frau S., den Keller zu verlassen und den Müll zu entsorgen. „Harald“ hörte nicht auf Frau S. und echauffierte sich, dass man kein Verständnis für ihn hätte. „Harald“ lebt in seiner eigenen Welt, in der vieles nicht normal verläuft und wo niemand sagen darf, was er zu tun habe.
Nun, am Dienstag letzter Woche meldete sich ein Anrainer und Nachbar bei mir, wie hier vorzugehen wäre, da schon die ganze Nachbarschaft Konsequenzen verlangt. Vorschläge wie z.B.: „Wir bauen ihm auch eine Hütte am Waldrand, wo er schlafen kann“ bis hin „dann holen wir die Polizei und lassen ihn delogieren“ war alles vertreten in diesem Telefonat. Ich habe mich angeboten, da ich „Harald“ gut kenne, zu vermitteln. Ich empfahl auch dass die Polizei informiert wird und sich die Lage vor Ort anschauen sollte. Ich spürte den Willen dieses Nachbarn, wirklich helfen zu wollen und nicht bloß eine unpopuläre Maßnahme zu ergreifen. Wir verabschiedeten uns m Telefon und er würde sich wieder melden bei mir.
Am Nachmittag des gleichen Tages rief mich Frau S. an, und bat um Hilfe, zum Problem „Harald“. Ich hörte zu und war erstaunt, was Frau S. schon alles für „Harald“ getan hat, und was macht er? Genau das Gegenteil von dem, was Frau S. und die Nachbarn wollen. Er wehrt sich gegen die Delogierung und er beschimpft und beleidigt alle Anwesenden. Diese Art der „Unhöflichkeit“, um nicht zu sagen, diese freche Art der Anmaßung von „Harald“, ist schon einzigartig. Zuerst hilft man ihm mit Essen und Getränken, mit Zuwendungen und Zeit, mit Aufmerksamkeit und Verständnis, und was macht „Harald“? Er macht seinen „Rechtsanspruch“ deutlich, den er aus seiner Sicht auf diesen Kellerplatz zu haben glaubt. Statt aufzustehen und sich ein neues Plätzchen zu suchen, geht er frontal jene Menschen an, die ihm in den letzten Wochen und Monaten geholfen haben. Diese „Undankbarkeit“ werden sich die Betroffenen auch merken und werden so schnell keinem Obdachlosen mehr helfen, auch wenn dieser vielleicht in großer Not ist.
„Harald“ wurde nun, schneller als gewollt, von der Polizei delogiert und mitgenommen. Er bekam ein Platzverbot und darf sich diesem Haus nicht mehr nähern und schon gar nicht mehr, dort schlafen.
Solche Beispiele sind immer auch Teil der obdachlosen Menschen, weil viele dieser Menschen psychische Probleme haben und in ihrer Krankheit, manche Situationen nicht richtig einordnen können und manchmal auch gar nicht wollen. Jenen ins Gesicht zu spucken, die geholfen haben, ist der absolut falsche Weg, der sich fürchterlich rächen wird.
Auch wir bekommen das teilweise zu spüren, von Schützlingen, denen wir geholfen haben in den letzten Jahren und uns nun hinterrücks Dinge unterstellen, die nicht wahr sind. Felix z.B., den wir 2023 für etwa 5 Monate in einer unserer Wohnung leben ließen, dort den neuen Boden ruinierte, und er die Wohnung in einem außerordentlich schlimmen Zustand hinterlassen hat. Heute erzählt er unwahre Dinge über mich und uns, die bewusst erfunden sind. Für Felix intervenierte ich auch bei der Sozialabteilung des Landes O.Ö., weil er dort über € 30.000,- offener Schulden hatte und die kurz vor der Exekution standen. Ich erreichte dort, dass er nur einen kleinen Bruchteil der offenen Beträge bezahlen musste, aber von „Dankbarkeit“ sind wir weit weg. Felix lässt keine Möglichkeit aus, Lügen über uns zu erfinden, genau wie auch Rene, dem wir ebenfalls monatelang ein Zimmer zur Verfügung stellten, und der heute nur noch Dinge erzählt, die wirklich abgrundtief böse sind.
Ich pauschaliere hier nicht, ich ziehe den Kamm nicht über alle Obdachlosen, nein, es sind immer nur einzelne Menschen, die, weil wir die Konsequenzen gezogen haben und keine Hilfe mehr stellen, so böse auf uns sind, dass sie uns teilweise den Tod wünschen. Ich verüble diesen Menschen ihr Benehmen nicht, sie können es halt nicht besser, aber helfen, werde ich diesen Menschen nicht mehr. Dass ich auch die andere „Backe“ hinhalten soll, um wieder rund zu ticken, werde ich nicht machen, aber ich weiß ja, welche psych. Krankheiten bei manchen unserer Schützlinge ausschlaggebend sind und dass die Menschen oft gar nicht anders können, als unwahre Dinge zu erzählen, um selbst noch einen Funken an „Eindruck“ bei den Freunden zu schinden. Mein Verständnis dafür hält sich schon sehr in Grenzen, aber wie gesagt, ich nehme es nicht persönlich.
Diese Art der „Undankbarkeit“ zieht auch Kreise, wenn es Menschen trifft, die eigentlich nur helfen wollten. Auch das ist ein trauriges Verhalten, das aus einem inneren Defizit kommt und nicht aus Bosheit, das, liebe Leute, will ich nämlich nicht glauben, ich möchte mich durch diesen eventuellen Gedanken der Absicht, nicht innerlich vergiften und Dinge anzunehmen, die unmenschlich und abnormal wären.
Unser Verteil-Donnerstag steht wieder am Programm, und diesmal werden uns am Ende des Tages, genau wie letzte Woche, wieder 120 Menschen besuchen und es werden wieder 120 Menschen den Weg zu uns suchen, weil sie nicht mehr wissen, wo sie sonst eine Lebensmittelration, die 1 Woche hält, bekommen würden. Viele unserer Besucher sind oft schon wirklich am Zweifeln, wie es weitergeht. Die Preise im Geschäft für viele nicht mehr zu bezahlen, von all den sonstigen Teuerungen erst gar nicht zu reden.
Am Vormittag bei den Vorbereitungen alles gut, wenngleich auch etwas chaotisch diesmal. Aber wir schaffen es pünktlich, alles fertig zu bringen bis zum Beladen des Transporters. Rena, Sandra, Kaja, Niki und ich sind schon eingespielt und kennen alle notwendigen Dinge, die jetzt gemacht werden müssen.
Pünktlich um 15 Uhr brechen wir auf, nach Linz, wo uns schon etwa 25 Menschen erwarten. Im Nu ist alles aufgebaut und hergerichtet, ist alles an seinem Platz. Die Warteschlange schwillt extrem schnell an, und von beginn an ist heute eine große Unruhe in der Warteschlange. Alkohol beim Bus geht gar nicht, und das wissen unsere Schützlinge auch, und trotzdem provozieren manche in der Warteschlange auf diese Weise. Ich lasse mir aber nicht auf der Nase herumtanzen und stelle den Alkohol in der Warteschlange rigoros ab, genauso das Rauchen innerhalb der Warteschlange, das geht nicht und das wissen sie alle, aber manchmal muss man halt den Rebellen heraushängen lassen, aber nicht mit uns.
Als Stefan dann noch laut Musik aufdreht in der Warteschlange, ist meine Geduld am Ende. Ich stelle bei allen klar, welche Regeln hier vor Ort gelten, nämlich unsere, und keine sonst!
120 Menschen, wie letzte Woche, wo aber Monatsende war, die auch heute in der Warteschlange stehen, ist für uns schon eine Herausforderung, vor allem weil wir noch nie so hohe Besucherzahlen am Monatsanfang hatten. Wir sind alle sprachlos und befürchten, dass es künftig noch viel mehr werden könnten, die uns jede Woche aus Not besuchen. Für uns wird es auch eine finanzielle Herausforderung, da wir ja alle Lebensmittel, die wir heute ausgeben, auch nächste Woche wieder einkaufen müssen. Wie lange wir das finanztechnisch durchstehen, weiß niemand, aber bei diesen Einkaufspreisen ist das eine Milchmädchenrechnung, die sich jede/r selbst beantworten kann. Wir stoßen bei dieser hohen Besucheranzahl jede Woche schon sehr bald an unsere Grenze, wenn wir auch jeden Tag versuchen, die Grenze weiter hinauszuschieben. Irgendwann werden sich diese Grenzen nicht mehr verschieben lassen und es wird von uns eine Entscheidung gefordert sein, die vielleicht nicht sehr schön sein könnte, aber daran möchte ich jetzt noch nicht denken. Wir fahren auf Sicht, finanziell, entscheiden immer wieder neu, was wir noch bereitstellen können und was nicht mehr.
Die Warteschlange reißt nicht ab, es wird langsam dunkel und die Menge hinten, wird nicht weniger oder kürzer. Nach unserem Eingreifen, von Max und mir, ist es nun etwas ruhiger in der Reihe, aber wir spüren immer noch die gewaltige Unruhe einzelner.
Für viele haben wir bestellte Kleidung mit, Hoodies, Schuhe, Pullies, Jeans und Unterwäsche, hier zeigen sie alle wieder große Dankbarkeit, dass wir sie nicht im Regen stehen lassen mit kaputten Schuhen oder zerrissenen Jeans. Wenn jemand einen aktuellen Einkommensnachweis erbracht hat und „Anspruch“ auf Hilfe von uns hat, bekommt er/sie auch das, was gebraucht wird. Zweit- und Drittausstatter bei Schuhen oder neuen Winterjacken sind wir nicht, aber wenn jemand kaputte Kleidung trägt, bekommt er/sie eine neue von uns.
120 Menschen heute, wie letzte Woche, und doch 2 Verteil-Donnerstage wie Tag und Nacht. Wir bringen unser Herzblut, unsere Zeit, unsere Kraft und Geduld ehrenamtlich ein, da braucht uns niemand auf die Probe stellen mit Alkohol in der Warteschlange oder ähnlichem. Das lassen wir uns nicht gefallen und setzen auch punktuelle Konsequenzen, die verschieden aussehen können aber immer treffen.
18 Uhr und wir haben noch 4 Schützlinge in der Warteschlange stehen, wir versuchen die letzten 4 schnell abzufertigen, wir sind alle müde und ausgelaugt, der Tag ist schon sehr lange und wir strotzen schon lange nicht mehr nach viel Kraft, wir sind alle froh, wenn wir dann auch wieder zusammenräumen und einladen können. Das machen wir jetzt, zusammen und miteinander. Der Tag hinterlässt bei mir tiefe Spuren, die mich nachdenklich machen.
Wir brechen auf nach Ansfelden ins Lager, wo wir alles wieder ausräumen und einlagern, wie jede Woche. Der gesamte Aufwand, den wir hier betreiben für so einen Verteil-Donnerstag ist schon enorm, ich hoffe, dass wir euch bald eine Neuigkeit darlegen können, wie es für uns etwas leichter wird.
Im Lager nach dem Ausräumen stehen wir noch zusammen und tauschen unsere Eindrücke aus, wie alle diesen Verteil-Donnerstag sehen und welches Resümee wir ziehen, als Team und Verein.
Selten war ich so geschafft und körperlich fertig wie heute. Später werde ich es nicht einmal mehr zu einem Abendessen schaffen, sondern auf der Couch einschlafen.
Ich bedanke mich wieder bei all unseren Gönner:innen und Wegbegleiter:innen, die es uns jede Woche wieder ermöglichen, unseren Verteil-Donnerstag abzuhalten.
Aus meinen Boxen klingt die deutsche Version von „Mercedes Benz“ von Hubert von Goisern, wo er einige Bitten an den „Herrn“ hätte, denen ich mich gerne anschließen würde, aber ich fürchte bis auf Weiteres ungehört bleiben.
Danke und Vergelt’s Gott, habt großen Dank für Eure Loyalität und Hilfe.
Gott segne euch!