SO NICHT!
Unsere Gaby...
...vom Terminal ist seit letztem Freitag abgängig, scheinbar wurde sie nach Zeugenaussagen von der Polizei verhaftet, wir bekommen aber leider von niemandem belastbare Informationen über Gabys Verbleib, deshalb machen wir uns ernsthafte Sorgen um sie. Es ist uns unerklärlich, warum Gaby inhaftiert wurde, da sie noch nie jemandem etwas getan hat. Einzige mögliche Erklärung für uns, dass sie Geldstrafen absitzen muss, aber wie gesagt, absolute Spekulation unsererseits. Dass man dann am Polizeiposten noch die „Ausrede“ findet: „Aus Gründen des Datenschutzes dürfen wir ihnen keine Informationen geben“, schlägt dem Fass den Boden aus. Jahrein, Jahraus, seit über 5 Jahren kümmern wir uns um Gaby, oft mehrmals jede Woche, und jetzt schlägt man uns auf diese Weise ins Gesicht? Zum Helfen sind wir gut genug, da rühren viele Instanzen auch keinen Finger, um wirklich zu helfen, aber auf einmal wird der „Datenschutz“ schlagend? LÄCHERLICH! Gabys „Koje“ am Terminal wirkt verlassen und Elvisa, die Gabys Sachen im ganzen Bahnhofsviertel verteilt und verschenkt, tut ihr übriges.
Vergangenen Montag durfte ich mich mit Sr. Tarcisia treffen, die ein paar Tage in Linz weilte. Sr. Tarcisia war 18 Jahre lang Leiterin des Vinzistüberls in der Herrenstraße bei den Barmherzigen Schwestern. Es tut gut so eine geerdete Frau zu treffen, all die guten Tipps und Ratschläge anzunehmen und einfach zuzuhören. Was Sr. Tarcisia in Linz leistete, war einfach grandiose Obdachlosenhilfe. Sie erzählte mir von den vielen Einladungen, zu denen sie sich durchringen muss. Bei ihren Aussagen fällt mir deutlich auf, dass wir zwar einige dieser Einrichtungen, die jetzt Advent „feiern“, immer wieder mit Spenden versorgen, aber eine Einladung zu einem Empfang setzte es bis heute nicht. Auch wurde uns „erzählt“, dass der neue Obdachlosenratgeber, der vor Kurzem veröffentlicht wurde, ausschließlich Einrichtungen anführt, die vom Land finanziert werden und nach deren Vorgaben handeln müssen. Hier wurden wir schlicht und einfach nur angelogen, da 2 Einrichtungen angeführt sind, die weder vom Land noch von Stadt Linz finanziert werden. Hier log man uns schlicht ins Gesicht, um uns zu „beruhigen“. Es ist eine Farce, welche Aussagen (Lügen) teilweise von Linzer Obdachlosenvereinen getätigt werden, nur um ja nicht mit unserer Obdachlosenhilfsaktion.at in einem Satz genannt zu werden. Wir werden auf diese Farce reagieren, ganz sicher, weil wir seit fast 10 Jahren in Linz gute Obdachlosenhilfe leisten und es nicht verdient haben, so schäbig angelogen zu werden. Sr. Tarcisia kann dafür nichts, aber es wurde mir in diesem Gespräch erst richtig bewusst, wie man mit uns umgeht in den Reihen der „Obdachlosenhelfer“ in Linz. Wir brauchen eigentlich keine derartige Unterstützung, aber ein Schlag ins Gesicht ist es auf jeden Fall, nicht genannt zu werden und uns mit Lügen zu vertrösten.
Am Dienstag dieser vergangenen Woche kam es in Linz und Oberösterreich zu einem wahrlich schauderhaften Temperatursturz, Minus 10 Grad waren vom Wetterdienst prognostiziert. Den ganzen Tag über versuchte ich für Gerry, Marvin und Fritz eine warme Bleibe zu bekommen, ein Zimmer in einer Pension oder irgendwo privat, es war deutlich zu spüren, dass niemand unsere Obdachlosen in ihren Zimmern haben möchte. Da kamen so viele Ausreden und manche widersprachen sich in einem Satz, ich hatte keine Lust auf Diskussionen und legte deshalb einfach nur auf. Es war all den angerufenen Pensionen bis hin zum Linzer Kolpinghaus schlicht egal, wo die Obdachlosen untergebracht werden, nur nicht bei „uns“. Den ganzen Tag versuchte ich telefonisch Zimmer anzumieten für ein paar Tage, bis der harte Frost sich wieder legen würde. Wir bekamen bei den gefühlten 70 Telefonaten keine Zusage und keine menschenwürdige Antwort, nur Absagen. Unsere Barbara, Marlene und ich fuhren, nachdem Barbara mit ihrer Tochter Marlene das Not Paket aus unserem Lager holte, auf gut Glück nach Linz. Wir haben Gerry, Marvin, Fritz und Felix ins Terminal bestellt, in der Hoffnung, dass uns noch eine Lösung einfällt. Auf der Fahrt zum Bahnhof rief mich eine langjährige Spenderin, Frau B. an, weil sie mein zuvor abgesetztes Posting in Facebook las und einfach nur helfen wollte. B. war vor Kurzem aus ihrer Wohnung in Auwiesen ausgezogen und in ihr neues Haus in Pichling eingezogen, und der Mietvertrag geht noch bis Februar, da entschloss sich B. kurzerhand, unseren 3 Schützlingen Marvin, Gerry und Fritz die Wohnung zur Verfügung zu stellen. Wenn wir als Verein ein Auge auf die Unversehrtheit der Wohnung haben und unsere Schützlinge betreuen, dürfen sie eine Zeit lang bleiben. Die Regeln: Keinen Alkohol, keine Zigarette, keine Partystimmung und keine Fremdschläfer, das war die Vereinbarung. Unser Trio hält sich fest daran und putzt die Wohnung, passt auf alles gut auf und macht nichts kaputt. B. hat hier schnell, unbürokratisch und effizient geholfen, diese großartige Frau ist einfach nur …. Cool! Vergelt’s Gott und hab großen Dank liebe B., wir werden gut auf deine Wohnung aufpassen. Deine Hilfe war und ist einfach nur vorbildhaft, wenn andere Verantwortliche auch so schnell helfen würden, gäbe es keine Obdachlosen mehr in Linz.
Am Mittwochvormittag hatte ich einen Termin eingetragen, bei der VLW. Die Linzer Lions Delta helfen uns hier, zu einer weiteren günstigen Wohnung zu kommen, die die Lions Delta finanzieren werden, 1 ganzes Jahr lang. Das Gespräch mit dem Geschäftsführer Hr. Ing. H. war großartig und wir bekamen die Zusage, in den nächsten Wochen Wohnungsvorschläge zu bekommen die für uns in Frage kommen würden. Das Gespräch verlief gut, es war deutlich zu spüren, dass man uns helfen möchte, ein sehr seltenes Gefühl in dieser Ausprägung. Es stimmt mich zuversichtlich.
Mittwochabend war ich eingeladen zu einem Essen mit einem langjährigen Spender. Als ich zur Tür rausging, nahm ich den Eisregen nicht wahr und flog gleich bei der Haustür noch richtig mit 4 gestreckten Extremitäten und der Kamera in der Hand, in Richtung Horizontale. Poah die Hand tut weh, der Hüftknochen noch mehr, aufstehen, der Spender wartet auf mich, und lächelnd den Fauxpas ins Nirvana ziehen. Wir fuhren ins „Löwenherz“, wo wir bestens verköstigt und mit Niveau bedient werden. Die Spendenübergabe machen wir anschließend doch in unserem Lager, da die feiernde Weidmannschaft nebenan nicht gestört werden möchte. Nach einem tollen Abendessen und einem guten Gespräch mit Erwin und Manfred, die uns eine € 605,- Spende des Schachvereins Almtal überbrachten, fuhren wir ins Lager, um ein schönes Bild von der Übergabe zu machen. An diesem Mittwoch hat mich ein Haider Einrichtungshaus schon 2-mal angerufen, dass in ihrer Tiefgarage ein Obdachloser übernachtet und tagsüber nicht aufzufinden ist. Ich fuhr heute früh schon mal zu dem Einrichtungshaus, um mit dem Obdachlosen zu reden, und am Nachmittag nochmal, beide Male war er nicht auffindbar, und jetzt wo wir auf dem Weg ins Lager sind, kommt der 3. Anruf und die Bitte, nochmal zu kommen, da er jetzt im Sektor D schläft.
Es ist mittlerweile fast 21Uhr und wir fahren nach dem Spendenfoto im Lager zu dem schlafenden Obdachlosen. Er liegt auf einer dünnen Decke am eiskalten Beton, zugedeckt ebenfalls mit einer dünnen Decke. Ich rede ihn an, er öffnet die Augen und murmelt ein „Hallo Kamerad“. Ich frage nach seinem Namen und seiner Herkunft, er spricht fast perfekt Deutsch und macht einen absolut friedlichen Eindruck. Er erzählt er wäre Behindertenbegleiter und wegen seiner Impfverweigerung in der Ausübung seiner Tätigkeit, bekam er über € 7000,- Strafe, was der Grund war warum er seine Wohnung verlor. Er heißt Edi und er willigt ein, wenn noch Platz in der Linzer Notschlafstelle ist, dort übernachten zu wollen. Ich rufe an und wir erhalten ein „Ja“, wir packen seine Taschen und den Rucksack zusammen und brechen auf, Richtung Linz. Ankunft Notschlafstelle, Erwin, unser Spender und ich gehen in die Notschlafstelle mit Edi, Erwin bezahlt für Edi 14 Tage im Voraus für Übernachtungen hier. Edi bedankt sich mit Umarmungen und vielen „Dankeschöns“. Erwin hat heute zum ersten Mal hautnah erlebt, welche Arbeit ich mache und wie sich alles gestaltet. Edi ist gut aufgehoben in der Nowa und wir brechen auf, nach Hause. Der Mittwochabend hatte dann doch nicht nur den Sturz für mich parat, sondern auch noch die wunderbare Erfahrung, gemeinsam mit Erwin und Manfred einen neuen Obdachlosen ins Warme gebracht zu haben. Ein schönes Gefühl!
Der Verteil-Donnerstag begann diesmal turbulent, weil ich von den Anstrengungen der ganzen Woche schon etwas gefordert war und in Gedanken ganz wo anders war. Unsere Barbara war heute nicht da und nachmittags sollte auch unsere Petra fehlen, die 2 Damen die alles strukturelle leiten und begleiten. Rena hilft genauso wie Hilde, wir machen Wurstbrote, in einer Vorahnung, dass heute viel los sein könnte, am Verteil-Donnerstag. Alle Vorbereitungen wurden wie immer erfolgreich abgeschlossen und wir brechen um 15.20 Uhr, bei klirrender Kälte auf, Richtung Linz. Bei Ankunft warten schon etwa 15 Schützlinge, und die Warteschlange schwoll schneller an als wir uns wundern konnten. Am Ende werden es 115 Menschen gewesen sein, die sich heute Lebensmittel bei uns holten. 115 Schicksale, die nach LEBEN schreien, die dringend Hoffnung brauchen. Durch den verzögerten Aufbau in dieser Kälte, die erst durch den leichten Wind unerträglich wird, beginnen wir erst um 16.10Uhr mit der Ausgabe. Die Warteschlange ist schon so lange wie lange nicht mehr. In der Warteschlange ist heute eine besondere Aggressivität zu spüren und zu hören. Unser Max der für Ordnung und Disziplin sorgt, sagt mir in Minutenabstand, was hinten in der Warteschlange so passiert, kopfschüttelnd geht Max immer wieder zurück ans Ende der Schlange.
Nach etwa 20 Minuten Lebensmittelausgabe, mischt sich ein Flüchtling in die wartende Reihe, der, so behauptet er, von der Caritas geschickt wird. Er hat keinen Pass, keinen Meldezettel, keine Aufenthaltsbescheinigung, nichts trägt er bei sich. So verweise ich ihn wieder zurück an die Caritas, da wir in die Bundesbetreuung eines Flüchtlings nicht eingreifen dürfen. Er wolle auch keine Lebensmittel deutet er mit Händen, er möchte nur Kleidung. Ich erkläre ihm in meinem schwachen Englisch, dass wir ihm nichts geben dürfen. Was ihn immens wütend machte. Ich mache ihm klar, dass er hier ohne Papiere und ohne Einkommensnachweis keine Spenden bekommt, weder die Schuhe noch die Jacke, die er gerne hätte. Er beginnt in seiner Wut mich zu beschimpfen, jeder Satz von ihm wird noch derber und aggressiver: „Deine Mutter große Hure“ meinte er noch zu mir, wo dann meine Gelassenheit ein jähes Ende fand und ich ihn aus der Warteschlange herauslöste und ihm zeigte, er solle nun gehen. Er zeigte mir weiter den Mittelfinger, trat immer mit einem Fuß in meine Richtung, an der Ecke holte er aus und traf mich mit einem Faustschlag am Unterkiefer: „Ich dich umbringen“ waren dann seine Worte zwischen all den Faustschlägen, die nun ins Leere gingen. Der Unterkiefer tut weh, heute noch. Nach Luft hechelnd kehre ich zu meinem Team zurück, und es dauerte keine 5 Minuten.
Da kam aus Bahnhofsrichtung ein Mann mit einem kleinen Kind und einer Frau. Der Mann wollte sich, ohne sich zu registrieren und ohne Papier zeigen zu wollen, an unseren Spenden bedienen, was ich ablehnte. Er sei Romania und habe Hunger. Als EU-Ausländer ohne Papiere muss auch er zur Caritas, zur Armutsmigration, dort bekommt er alles, was er braucht. Ich mache auch ihm klar, dass er hier nichts bekommt, heute, was ihm ein lautes „Arschl…..“ mir gegenüber entlockt. Er versucht sich weiter hinten anzustellen und wieder in die Box zu greifen, ich habe ihn noch im Blick und gehe in seine Richtung und sage ihm deutlich, dass ich seine freche Art sich an unseren Spenden zu bedienen nicht akzeptiere. Er dreht sich zu mir und zeigt mir die Faust und meinte, Zitat: „Ich steche dich ab du Drecksau“. Er ging immer schneller und seine Frau mit dem Kind suchte den Weg abseits vom Gehsteig, sie war voller Angst, das sah man deutlich in ihrem Gesicht.
Was ist heute nur los mit den Menschen? Der eine gibt mir einen Faustschlag und der hier möchte mich gleich abstechen. Ich gehe künstlich aufgeplustert mit breiten Schultern dem Herrn nach, bis er abbog und Richtung Bahnhof ging. Künftig werden Max und ich uns absprechen, dass wir uns gegenseitig schützen gegen solche hinterhältigen und feigen Angriffe. Max erzählt mir auch von Aussagen hinten in der Warteschlange, die wir nicht einmal im Ansatz dulden. Wir werden hier künftig eine rhetorisch härtere Schiene fahren, wir werden Disziplin in Haltung und Rhetorik einfordern, wer in der Warteschlange aggressiv wird, kann künftig gleich gehen, ohne Lebensmittel. Es kann nicht sein, dass wir, weil wir helfen wollen, mit dem Tod bedroht werden und geschlagen werden. Über 100 Schützlinge haben sich gut benommen, und 4-5 hetzen immer wieder, und genau diese 4-5 werden wir künftig nicht mehr versorgen.
Wir begegnen allen mit Wertschätzung und Respekt, und dann behandelt man uns so? NEIN! Wir müssen durchgreifen, jeden kleinen aggressiven Keim sofort ersticken, erst gar keine Schimpfwörter dulden und immer wieder zeigen, welche Konsequenzen dann drohen. Zum Schluss war ich nur noch ein Häufchen Elend, es tut mir im Herzen weh, wenn jemand mich schlägt und so mit mir umgeht, nur weil er glaubt er sei auch noch im Recht. Wir werden alle Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärfen, wir haben keine Lust auf derartige Drohungen oder gar auf eine Messerstecherei. So etwas wird es beim Bus nicht mehr geben.
Kommenden Donnerstag gibt es ein Gulasch mit Semmelknödel und alle bekommen Weihnachtsgeschenke ausgehändigt, wir rechnen mit noch mehr Menschen am kommenden Donnerstag, und mit einer höheren Aggressivität als am letzten Donnerstag, aber wir werden gewappnet sein, für jede Art von Angriffen. So ein Verhalten geht gar nicht und wir werden uns das auch nicht gefallen lassen.
Der Tag war irgendwie kein Guter, obwohl wir nur helfen wollten, wurde uns deutlich gezeigt, dass nicht alle mit dem Herzen in der Warteschlange stehen, sondern manche auch mit dem Messer in der Hosentasche. 115 Menschen leerten all unsere Boxen, noch nie fuhren wir so leer nach Hause. Übrig geblieben sind nur ganz wenige Lebensmittel, ein ganzer Transporter voller Lebensmittel wurde heute an die Menschen verteilt. Unser Dank gilt unseren Spendern:innen und Gönnern:innen, die Woche für Woche erst ermöglichen, dass wir unseren Verteil-Donnerstag machen dürfen. Vergelt’s Gott und habt großen Dank für Eure Hilfe, Eure Unterstützung und Eure Loyalität. Wir verbeugen uns vor Euch und sind einfach nur, dankbar, dass wir unseren Verteil-Donnerstag überhaupt noch machen können.
Aus meinen Lautsprechern kommt grade eine Uraltschnulze aus den 70ern, in Deutsch, und irgendwie beruhigt mich grade diese Schnulze, in meinen Emotionen bin ich immer noch im Donnerstag verwurzelt und greife mir ständig an den wehen Unterkiefer, und ich verstehe es einfach nicht, wie man nur so reagieren kann. Manche „Gäste“ hier bei uns haben scheinbar massive Anpassungsprobleme, sie verstehen nicht wenn man „Nein“ sagt und wir unsere Regeln einfordern, und sie wollen ihre alten Sitten hier bei uns sogar mit Gewalt durchsetzen. SO NICHT, WIR WERDEN UNS DAGEGEN WEHREN!