Dankbarkeit geht anders!
Wenn man Menschen...
...so wie wir, helfen will, erwartet man keine großen Dankesreden, deswegen machen wir unsere Aktionen nicht. Es kommen aber jeden Donnerstag viele unserer Schützlinge und bringen genau das zum Ausdruck, diese große Dankbarkeit, mit Worten wie z.B.: „Wenn es Euch nicht gäbe, würden viele von uns nicht mehr leben“. Ich reagiere in der Regel nicht auf solche Aussagen, weil ich diese immer für übertrieben gehalten habe, bis vergangenen Donnerstag. Es gibt wirklich viele Menschen, die zurzeit an allen Ecken ums „Überleben“ kämpfen müssen, wegen der hohen Energiepreise, wegen der Lebensmittelpreise die exorbitant in die Höhe schnellten, und wegen der allgemeinen Lebenshaltungskosten, die auch nur eine Tendenz kennen, nämlich die nach oben.
Diese Woche jedoch rechnete mir eine Besucherin vor, wieviel Geld/Pension sie bekommt, und was sie davon alles zu bezahlen hat. Kein Wunder, dass sie sich ab etwa Monatsmitte nur noch von Kartoffeln oder Nudeln mit Tomatensoße ernähren kann, da sie sich keine finanziellen Polster ersparen konnte und künftig auch nicht kann. Wir haben Menschen am Donnerstag beim Bus, die entweder obdachlos oder wohnungslos sind, und wir haben viele die schlicht arm sind, die noch ein Zimmer bzw. eine kleine Wohnung haben, aber meist keinen Strom mehr und kein Wasser, weil das Geld nur noch für die Miete reicht, und nicht mehr für die Betriebskosten. Diese Frau zeigte mir ihren Zettel auf dem detailliert aufgelistet war, was sie an Kosten zu stemmen hat. Da braucht niemand mehr sagen, Österreich sei ein „Sozialstaat“, das stimmt einfach nicht mehr. Auch geht man mittlerweile auf verschiedenen Ämtern auf diese Weise „beratend“ vor, dass man 73-jährigen Menschen eine Arbeitsstelle in der Pension/Rente empfiehlt, um überleben zu können. Welche Farce sich hier verbirgt, kann jede/r für sich analysieren.
Natürlich lassen wir diese Menschen nicht fallen und natürlich bekommen diese Menschen bei unserem Bus, Lebensmittel und alles, was sie dringend benötigen. Das Thema von vorhin, wegen der Dankbarkeit, spreche ich heute deshalb an, weil es dieses Mal einen Vorfall gab, der mir tief unter die Haut ging und der alles andere als fair war. Die liebe Nicole, der wir heuer gemeinsam mit Dominik in Urfahr ein Zimmer zur Verfügung stellten, um das gemeinsame Leben neu zu ordnen und wieder Hoffnung und Ziele zu finden, für ihr Leben. Leider war Nicole in dieser 1. Nacht im Zimmer, was wir nicht wussten, bis obenhin voller Alkohol und voller Morphium und begann immer wieder Dominik grundlos zu beschimpfen und so das ganze Haus, die ganze Nacht, wach zu halten. Auch klopfte Nicole alle anderen Mieter mitten in der Nacht heraus und provozierte so eine Eskalation, die wir nicht mehr bereinigen konnten. Die Folge war, der Vermieter warf die Beiden hochkantig aus dem Zimmer und nahm ihnen auch die Schlüssel ab, verständlicherweise. Genau diese Frau kam auch in den letzten Wochen und Monaten immer wieder schreiend und schimpfend zu unserem Bus, mit einer Dose Bier in der Hand. Bei unserem Bus ist absolutes Alkoholverbot, das weiß die „liebe“ Nicole und deshalb nimmt sie ja immer Alkohol mit. Sie weiß, dass ich reagiere und ihr das nicht durchgehen lassen kann.
So auch diesmal, ihr neuer „Freund“ stand bei uns in der Schlange ziemlich weit hinten, es waren diesmal fast 90 Menschen bei unserem Bus, und das passte der lieben Nicole gar nicht, also kam sie mit der Bierdose in der Hand und schrie wirklich derbe Schimpfwörter in meine Richtung, was ich mir die Ersten 3-mal gefallen ließ. Beim 4. Mal ging ich ihr entgegen auf dem Parkplatz und sagte ihr deutlich, dass sie zu gehen hat und von uns keine weitere Hilfe zu erwarten hat, was sie nur noch böser werden ließ. Ich versuchte sie in Richtung Bahnhof abzudrängen und ihr dabei die Bierdose abzunehmen, was mir nicht gelang. Sie schüttete mir 3-mal Bier ins Gesicht und wollte mir dann noch die Dose auf den Kopf werfen, ich versuchte sie weiter abzudrängen, sie drehte sich um mit dem Gesicht zu mir und übersah die Pflastersteine, die an dieser Stelle uneben sind, und stürzte rücklings. Sie beschimpfte mich weiter, Beate, Hr. S. von der ÖBB und ein Buschauffeur kamen mir zu Hilfe und haben gottseidank genau gesehen, was passierte und dass nicht ich der Auslöser für diesen Sturz war. Hr. S. kümmerte sich um Nicole und gab ihr ein offizielles Platzverbot von der ÖBB, und die liebe Nicole, ich habe sie noch von der Straße aufgehoben und ihr dann empfohlen, sich nie wieder hier blicken zu lassen, spuckte noch in meine Richtung. So weit der erste Vorfall diesen Donnerstag, mit „Dankbarkeit“ hat das nichts mehr zu tun, was Nicole hier macht. Ich habe auch ihrem neuen Freund gesagt, er brauche Nicole nie wieder mitnehmen hierher, da auch er sonst gehen kann, wir müssen schauen, dass hier keine „Parteienstellung“ der übrigen Menschen in der Warteschlange zustande kommt und sich vielleicht noch andere in den Konflikt einmischen, wir wollen Ruhe und Disziplin haben am Donnerstag beim Bus, was leider nicht immer gelingt.
Der 2. Vorfall war jener, dass wir jede Woche den gleichen Obdachlosen beim Bus haben, der immer fremde Menschen, die keinen Anspruch haben (Armutsmigration, illegaler Aufenthalt usw.), zu unserem Bus mitnimmt. Einmal waren es rumänische Bettelbanden mit Kindern, das nächste Mal waren es illegale die ihren Ausweis nicht herzeigen wollten, und diesmal war es ein rumänisches Pärchen, was uns dieser „Herr“ in die Reihe stellte. Die Frau rauchte neben den Lebensmitteln und ich bat darum, die Zigarette entweder auszudämpfen oder die Zigarette abseits der Lebensmittel fertig zu rauchen. Worauf mir diese Frau den „Scheibenwischer“ zeigte, sie zog Grimassen, die mir zeigen sollten wie ich aussehe, mit schiefem Mund, mit langer Zunge etc.. Für jemanden die noch nie bei uns war und sich Hilfe erwartete, war das ein starkes Stück. Nachdem die Frau auch nicht aufhörte, Grimassen zu schneiden, reichte es und ich musste auch hier reagieren, da alle anderen Menschen in der Warteschlange gesehen haben, auf welche Art die Frau mich lächerlich machte. Wer so zu einer Eskalation beiträgt und mich vor 90 Menschen lächerlich macht, kann sich verabschieden aus der Reihe. Wir, ich und mein Team sind nicht die „Watschenbäume“ mancher Menschen, nur weil sie nicht wissen, wie man sich zu benehmen hat. Ich stelle mich vor jedes einzelne Teammitglied, um es zu schützen und um diese Menschen zu wertschätzen, wir alle machen diese Arbeit ehrenamtlich, unbezahlt, und wir machen diese Arbeit gerne, aber verhöhnen, beschimpfen, bespucken, anschütten und uns als Vollkoffer hinzustellen, braucht niemand machen, wir lassen uns das nicht mehr gefallen. Wir wehren uns gegen solche Menschen beim Bus, die mit hoher Aggressivität, die mit großer Gewaltandrohung gegen uns vorgehen. Wir sind nicht jeden Verteil-Donnerstag da, um uns gegen solche Menschen zu wehren und zu verteidigen. Wer nicht diszipliniert in der Warteschlange warten möchte oder kann, ohne uns zu beschimpfen, soll sich eine andere „Hilfsquelle“ suchen. Wir sind es leid und lassen uns das nicht mehr gefallen.
Diese zwei Vorfälle brachten mich diese Woche an den Rand meines Verständnisses, ich zweifle seit Donnerstag sehr, ob und wie weit wir hier schlichtend eingreifen, wenn wir hinterher wieder die „Angeklagten“ sind. Und was können 88 Menschen dafür, wenn 2 austicken und uns alles Mögliche vor die Beine werfen? Deshalb müssen wir uns gut überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen, ohne Unschuldige in die Haftung zu nehmen. Dieser Donnerstag war wie gesagt, gut besucht mit etwa 90 Menschen in der Warteschlange, und wir haben auch Gutes zu berichten. Da gibt es eine junge Mami, deren Handy vor Wochen kaputt ging, deshalb konnte sie ihr Kind nicht mehr anrufen. Unsere Ingrid kaufte auf eigene Kosten daraufhin ein Smartphone, weil es nicht sein kann, dass eine Mami keinen Kontakt mit ihrem Kind haben kann. Ingrid war diese Woche leider krank und die junge Mami war einige Wochen nicht beim Bus, aber diese Woche kam sie, und wir übergaben ihr im Namen von Ingrid, das neue Handy. Sie hatte eine große Freude, hielt das neue Handy an ihre Brust als wollte sie es wärmen, es war wundervoll anzusehen, wie sich Menschen freuen können, über ein Handy, aber auch über unsere Arbeit. Die meisten Menschen beim Bus sind wirklich dankbar, und drücken uns das auch immer wieder aus mit Worten oder Gesten. Das tut schon auch gut, ein „Danke“ auf diese Weise als „Rückmeldung“ zu bekommen. Sonst gab es keine weiteren Vorkommnisse, unser Team arbeitete wie gewohnt alle Ausgaben ab und bei Dunkelheit haben wir dann alles wieder eingeladen und im Lager eingelagert.
An dieser Stelle wieder ein herzliches Dankeschön an all unsere Spender:innen, und all unsere Wegbegleiter: innen, die uns immer wieder den Rücken stärken und Mut und Vertrauen zusprechen. Danke dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften und den Menschen dadurch helfen durften. Vergelt’s Gott und habt großen Dank! :-) <3