Nervenaufreibende Tage!
All die Vorkommnisse...
...alles was passiert zurzeit, geht mir ziemlich nahe. Wenn man einmal geschwächt ist, sich nicht erholen kann und die Belastung immerzu weitergeht, gibt es dann einen Moment, wo man die Distanz nicht mehr wahren kann und alles einfach viel zu nahe kommt. Wenn man die Aussagen mancher Menschen nicht mehr relativieren kann und alles mitten im Herz aufschlägt, muss man reagieren, und das tu ich jetzt.
Nach all den Aussagen von den Beteiligten sehe ich mich gezwungen, mich zu allen zu distanzieren. Markus bekam von uns eine 24/7 Anschubhilfe in ein neues Leben und dankt es mir mit dem Satz: „Lass dir helfen, kleiner Bub“. In den von uns angemieteten und bezahlten Zimmern, wo wir auch anderen Obdachlosen die Chance auf eine Unterkunft geben wollten, wurde vom Vermieter mit einem derartigen Seitenhieb auf mich unterbunden und es wurde mir gesagt: „Das geht dich nichts mehr an“. All diese Sachen gingen mir diese Woche ziemlich an die Nieren, ich habe reagiert und wir werden die Möglichkeit der Anmietung von Zimmern gänzlich einstellen. Zumindest bei diesem Vermieter. Ich bin schon sehr enttäuscht, wie man die letzten 2 Wochen mit uns umgegangen ist und wie man uns den schwarzen Peter zusteckte, weit unter der Gürtellinie! Wir werden in der nahenden Vorstandssitzung entscheiden, wie und was wir tun werden, um das heurige Jahr finanziell zu überstehen und welche Aktionen wir einschränken, streichen oder auf welche Dinge wir in Zukunft unseren Fokus legen werden. Jedenfalls werden wir diese intensive „Betreuung“ nicht mehr leisten können und auch nicht mehr leisten wollen, wir sind einfach keine Sozialarbeiter und diese Arbeit ist eine ungemein hohe Belastung für mich, weil alle Kontrollen (der Zimmer) wieder an mir hängen bleiben, deshalb muss schnellstens eine Entscheidung gefällt werden, die wir uns 1. leisten können und 2. nicht wieder mit einer Dauerbelastung für mich ausgestattet ist. Wir schaffen das, ganz bestimmt.
Wir haben großartige Menschen an unserer Seite, die uns bei vielen Dingen tatkräftig unterstützen, so z.B. Sr. Lydia, auf die wir uns immer 1000% verlassen können und immer in unserem Sinne als Hilfe für unsere Schützlinge da ist. Darüber sind wir schon sehr froh, weil Sr. Lydia auch eine ausgebildete Sozialpädagogin ist und weiß zu gut, von was sie spricht. Solche Menschen brauchen wir in unserem Team, in unserem Netzwerk. Es hilft nicht weiter, wenn wir ständig unser „Angebot“ erweitern und die Arbeit wieder nur bei mir hängen bleibt, das darf nicht mehr sein, das müssen wir ändern. Auch werden wir weiter die Kontrolle der Einkommensnachweise beim Verteil-Donnerstag verstärken, um wirklich punktgenau diejenigen treffen, die unsere Hilfe auch wirklich brauchen. Eine notwendige Kontrolle, die leider nötig ist wie die Vergangenheit zeigt. Im Vorfeld werden hier schon Menschen aus der wartenden Schlange genommen, die €1300.- …. €1500,- an Leistung im Monat bekommen, solche Menschen brauchen unsere Hilfe nicht. Wir haben Euch liebe Spender/innen, versprochen, dass unsere Hilfe auch wirklich dort ankommt, wo diese dringend gebraucht wird, und das erfordert immer wieder Kontrolle und Einforderung der Unterlagen, die alle bringen müssen. Nur so ist uns eine Punktlandung bei den Bedürftigen möglich, die wir auch erreichen möchten und die unsere Hilfe dringend brauchen.
Morgen, Samstag, steht fürs Erste die letzte Linz-Tour, die wir jeden Samstag (von 18 Uhr bis weit nach Mitternacht) und auch an vielen anderen Tagen gefahren sind in dieser Winter-Saison, auf dem Programm. Ich muss als erste Konsequenz Aktionen einstellen, um mir etwas Freizeit zu verschaffen, sonst gibt es mich bald nicht mehr. Und so wird der Samstag ab Mittag bis in den Herbst 2022 mir gehören. Ich werde natürlich sporadisch an den Hot Spots nachschauen und Dinge mitnehmen, die gebraucht werden. Aber über den Sommer wird es keine Regelmäßigkeit geben. So wird es auch bei den Verteil-Donnerstagen und bei den Spendenannahmetagen werden, im Sommer 2022 werden wir nur 14-tägig Spendenannahme und den Verteil-Donnerstag machen können, da sich auch unser Team von all den Strapazen der letzten Monate erholen muss und neue Kraft tanken muss, um wieder gestärkt in die nächste Winter-Saison zu gehen und wieder so umfangreich zu helfen zu können, dank Eurer Unterstützung. Die genauen Spendenannahmetage werden auf Facebook und auf unserer Homepage veröffentlicht. Und, telefonisch bin ich ja erreichbar, wenn jemand dringend Hilfe braucht.
Ich bitte Euch auch um Verständnis, dass über den Sommer die Postings von den Verteil-Donnerstagen und all den anderen Aktionen kürzer ausfallen werden. Die Postings benötigen jede Woche viele, viele Stunden, um diese dann auch so um- oder ausformuliert zu haben, wie sie dann schließlich Online gehen. Manche Details müssen umschrieben, manche Vorkommnisse direkt und ehrlich beschrieben werden, das setzt viel Geduld beim Schreiben voraus. Im Herbst, wenn die kalten Tage wieder kommen, nachts die Kälte wieder Einzug hält und wenn unsere Aktion wieder anläuft, dann werden wir wieder mit den gewohnten Bildberichten auftauchen.
Eines kann ich jetzt schon vorweg nehmen, es wird sich bis Herbst einiges ändern, wir werden Abläufe anpassen, Aktionen hinterfragen und wenn nötig, erweitern oder drastisch kürzen. In den Besprechungen und Sitzungen wird es kein Tabu geben, es wird JEDES Detail zur Disposition gestellt und neu ausgerichtet. Wenn Ihr für uns Vorschläge hättet, werden wir auch diese diskutieren und vielleicht umsetzen, so diese umsetzbar sind. Wer gute Vorschläge hat, bitte ein Mail an: office@obdachlosenhilfsaktion.at – Danke!
Eines wird diesen Sommer ganz bestimmt passieren, dass wir uns Zeit nehmen zum Relaxen, zur Erholung, sonst geht das alles irgendwann schief. Letztes Jahr kam uns ja der Lagerumzug dazwischen, heuer steht dem „Urlaub“ somit nichts im Wege und ich freue mich riesig auf diesen Sommer, hoffentlich meint der Sommer es auch wettertechnisch gut mit uns.
Der Donnerstag gestern begann wie immer, Einkauf abholen beim Hofer, Obst und Gemüse neu umpacken, neu verpacken. Benji und Rena helfen mir am Vormittag, alles herzurichten, den Bus staub zu saugen und herauszuwaschen. Die Wurst zuschneiden und neu verpacken, ca. 50 Wurstsemmeln herzurichten und dann den Bus einzuräumen und zu beladen. Das alles geht dank unseren toll eingespielten Teams schon recht flott und sicher vor sich. Zu Mittag bringt unsere Silvia wieder Essen fürs gesamte Team mit, Stelzen selbst gebraten mit Kartoffelsalat und Schwarzbrot, einfach köstlich! Um 15.10 Uhr war alles geschafft und wir legten los, Abfahrt Richtung Linz. Beate war wieder früher reingefahren, um unseren Platz freizuhalten. Als wir ankamen also alles ausladen, aufbauen, und während dem Aufbauen werde ich schon mit Fragen bombardiert, mit Wünschen konfrontiert und mit Bitten alimentiert. Aber bis zum vollständigen Aufbau bitte ich um Verständnis, das alles kann warten und wir haben genug Zeit, nachher alles zu besprechen.
Herr S. von der ÖBB Immo Abteilung, einer von 2 Herren, der uns diesen Standplatz erst ermöglicht, bat mich vor 2 Wochen, dass ich mich um einen Obdachlosen kümmere, der auf dem Betriebsgelände der ÖBB in der Wiener Straße „wütet“ und dort echt gefährliche Dinge macht. Am nächsten Abend fuhr ich abends hin und redete mit ihm und versuchte ihm die Lage zu erklären, er willigte ein von dort wegzugehen und sich einen anderen Schlafplatz zu suchen. Bis Vorgestern war er verschwunden, jetzt ist er wieder dort und ich werde morgen im Rahmen der letzten Linz-Tour nochmal hinfahren und ihn nochmal die Dringlichkeit ans Herz legen, hier wegzugehen, bevor etwas geschieht.
Heute haben wir wenig Besucher, es gab Geld gestern, deshalb die spärliche Anzahl unserer Besucher. Aber dafür haben wir heute mehr Zeit uns mit den Einzelnen zu unterhalten. Unser langer Hansi ist einer der ersten Gäste, er ist gut aufgelegt, macht Späßchen und ist gut drauf. Ich habe durch die Gespräche auch wieder einiges erfahren, in welche Richtung in Linz punkto Obdachlosigkeit politisch „gewirkt“ wird. Gottseidank ist uns heute der Wettergott gut gesinnt, es ist warm und sonnig, was einige schon mit Sommerkleidung quittieren. Heute Vormittag musste ich unsere Praktikantin, die bei uns im Lager mit Sandalen kam, leider nach Hause schicken, da es arbeitstechnisch nicht erlaubt ist mit solchem Schuhwerk überhaupt ein Lager zu betreten. Wenn hier eine Verletzung passiert, haben wir große Probleme, deshalb ein No Go!
Sr. Lydia, die uns auch an diesem Verteil-Donnerstag besuchte, brachte mir selbst gemachte Rosenkränze mit über die ich mich sehr freute. Sr. Lydia ist immer sehr engagiert und wird uns auch weiterhin unterstützen. Zurzeit kümmert sie sich um Petra, die schwer depressiv ist und die es nicht zu unserem Bus schafft, Sr. Lydia bringt Petra Lebensmittel und steht ihr auch sonst bei. Ein kurzes Gespräch mit Hr. Ing. P., der stille Mann am Ende der Schlange, der ein weiser Mann ist, dem das Schicksal nicht immer nur gut mitspielte. Ich mag diesen Mann, er ist gerade, er ist gebildet und er bringt es immer auf den Punkt. Wir haben viele gebildete Menschen unter unseren Schützlingen, denen das Leben und das Schicksal nicht gerade die Sonnenseiten zeigte, aber sie kämpfen und lassen sich nicht unterkriegen. Und diese Menschen haben mit Alkohol oder gar Drogen so gar nichts am Hut, das sei erlaubt anzumerken, weil viele Menschen glauben, dass die Obdach- und Wohnungslosen und auch die armen Menschen fast immer Alkoholprobleme haben, was nicht einmal im Ansatz stimmt.
Auch haben wir heute vorab festgelegt, dass niemand mehr mit 3 oder mehr vollgestopften Taschen von uns weggehen darf. 3 vollgestopfte Taschen kann kein Mensch aufessen in 1 Woche, deshalb werden wir künftig achten auf die gesamte Menge. Liebe Leute, bitte nicht falsch verstehen, wir sind niemand etwas neidig, aber bevor die Spenden zweckentfremdet oder gar verkauft werden, greifen wir ein und begrenzen die Ausgabe. Auch das ist wichtig für unsere Schützlinge, weil viele aus Existenzangst sammeln, immerzu sammeln und stapeln, bis vieles verdirbt, und das ist nicht in unserem Sinne, deshalb schauen wir künftig vermehrt auf die Menge, die wir ausgeben.
Der Verteil-Donnerstag geht sonnig, geht still zu Ende, alles einladen und wir brechen auf Richtung Ansfelden, dort wieder alles wie jede Woche auszuladen und wieder einzulagern. Nach getaner Arbeit setzen wir uns noch zusammen und wir zehren nochmal an der grandiosen Jause von Silvia. Diese gemeinsame Zeit ist so wertvoll, so großartig, ich genieße sie jeden Donnerstag sehr. So geht ein unspektakulärer Donnerstag zu Ende, der es eigentlich verdient hätte, mehr Beachtung zu bekommen!
Ich wünsche Euch ein erholsames Wochenende, tolle Tage und passt gut auf Euch auf. Danke für Eure Aufmerksamkeit und schön, dass es Euch gibt.