Bitte, Herrgott, schau herunter!
Die Woche begann eigentlich ganz gut
Am letzten Sonntag brachte ich Stefan zu Gerti, die ihm eine Möglichkeit eröffnete, bei ihr für ein paar Monate, über den kalten Winter hinweg, zu wohnen. Damit er und seine beiden Hunde im warmen gut aufgehoben sind. Als ich am Sonntag von Gertis Haus weg fuhr, war ich noch guter Dinge, dass Stefan diese Chance nutzen wird. Am Montag informierte mich Gerti leider schon über erste „Unstimmigkeiten“, worauf ich Stefan angerufen habe und ihm gut zuredete, gewisse Verabredungen zwischen Gerti und ihm auch verbindlich einzuhalten. Er zeigte wenig Verständnis, alle 2 Tage in seinem Zimmer die Hundehaare aufzusaugen. Auch kam hier binnen kürzester Zeit hervor, dass Stefan auch ein Alkoholproblem hat, was wir vorher nicht ahnten und nicht wussten. Die Chance für Stefan endete am Mittwoch mit der Bitte von ihm, ihn wieder abzuholen und wieder an den Pichlingersee zu bringen.Am Montag ging es zuerst mit einem Besuch am Terminal bei Markus weiter, der auf eine dringende Nachricht bezüglich seiner Strafe über € 1600,- wartete. Wie sich diese Strafhöhe zusammensetzt ist der pure Wahnsinn. €440,- Strafe plus Gerichtsgebühren und Versäumnisse obendrauf, dann sind wir bei €1600,-! Um die Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Monaten nicht antreten zu müssen, spendeten 2 anonyme Firmen dieses Geld, um Markus die 15 Monate Strafe, die er wegen eines nicht bezahlten Paar Frankfurters bekam, zu ersparen. Die dringende Nachricht ließ aber noch warten auf sich, und so erzählte mir Markus, dass zurzeit nachts rumänische Männer das ganze Bahnhofsgelände und Terminal abgehen und alles mitnehmen was bei unseren Schützlingen steht, Rucksäcke mit Papieren, Einkaufstaschen voller Lebensmittel, Geldbörsen, Dokumente usw., Markus wurde hier persönlich mit einem Messer bedroht, er müsse seine Geldbörse hergeben sonst passiert etwas, er schrie laut und die „Herren“ suchten das Weite, dank aller Obdachlosen die am Terminal zusammenhelfen. Markus ging auf die Polizei und erstattete Anzeige, sie wurden bald von der Polizei gefunden und verhaftet.
Die beiden Rumänen saßen nur kurz in Haft und wurden am Montagabend wieder freigelassen. Die Kripo rief mich an, weil Markus meine Telefonnummer hinterlegte, und die Kripo informierte mich über die Freilassung der Täter. Die nächste Nacht, von Montag auf Dienstag stand ein anderer Rumäne aus der gleichen Bande vor Markus und bedrohte ihn wieder, er solle sofort die Anzeige zurückziehen, da er sonst seine Kumpels kennenlernen wird. Markus ging wieder auf die Polizei und meldete diesen Vorfall wieder, ab da fuhren die Polizeistreifen öfters langsam durchs Terminal und fragten öfters bei Markus nach, ob alles OK sei? Markus muss weg vom Terminal, das steht fest. Weiter ging es am Montag mit einem Treffen bei unserer Schriftführerin und Vorstandsmitglied Barbara, wir stellten die neue Präsentation, die uns ihre Tochter Marlene völlig neu gestaltete, Textmäßig fertig. Somit sind wir für alle Termine gewappnet, können guten Gewissens loslegen, wenn es Corona ermöglicht. Bei dieser Gelegenheit besprachen wir auch gleich kurz das Thema „Kürzungen“ bzw. „Streichungen“, was uns bald richtig fordern wird.
Da wir für 2022 einen stark gekürzten Spendenlieferplan auflegen müssen, die Einkaufslisten/Nachkauflisten stark kürzen/anpassen und all unsere Tätigkeiten und Aktionen penibel durchplanen müssen, um in keine finanziellen Grenzbereiche zu schlittern, die wir dann nicht mehr bewältigen. Zum besseren Verständnis für Euch sei gesagt, dass wir als mildtätiger, spendenbegünstigter Verein ja weder unser Konto überziehen dürfen oder gar einen Kredit o.ä. aufnehmen dürfen, all das ist uns strikt untersagt! Und da wir keinen Cent öffentlicher Förderungen bekommen, müssen wir mit den Geldspenden auskommen, die Ihr uns spendet. Und diese Geldspenden sind um mehr als ¾ eingebrochen, also um mehr als 75%, und das ist für uns 2022 eine Megaaufgabe, hier bestmöglich zu helfen. Dazu wird es in Kürze eine Vorstandssitzung geben wo wir alle Aktionen, all unsere Tätigkeiten auf den Prüfstand stellen müssen, was wir in welcher Intensität, in welchen Abständen, in welchem Umfang leisten können, ohne in Schwierigkeiten zu kommen. Bei diesem Gespräch am Montag haben wir das kurz angesprochen, Barbara und ich.
Dienstag stand dann zum letzten Mal unsere Spendenannahme am Dienstag auf dem Plan, ab jetzt gibt es wieder nur noch den Samstag von 9-12 Uhr als Spendenannahmetag. Den Dienstag weiter auf dem Wochenplan zu lassen, wäre nicht mehr gegangen, es war jetzt schon grenzwertig da unser gesamtes Team schon sehr, sehr viele ehrenamtliche Stunden in unsere Aktion steckte, deshalb ist es jetzt gut, wenn fürs Team dieser Tag aus dem Programm fällt. Für mich wird es nicht viel Unterschied machen, da ich jeden Tag im Lager bin und mit vielen verschiedenen Arbeiten beschäftigt bin. Wie fast immer an den Wochentagen, halt alleine, weil die meisten unseres Teams arbeiten gehen müssen.
Unser Lager ist ja Top organisiert dank Barbara, Petra und Ulli, Silvia, Ingrid, Gerlinde, Brigitte, Max, Christian u.v.a.m.. Was unser Team hier leistete in den letzten 12 Monaten, ist sagenhaft, ich hätte das niemals geschafft. Deshalb mein großer Dank für all die unzähligen Stunden, all die Mühe und Entbehrungen, die sich unser Team auferlegte, damit der größte Brocken, unser Lager Top funktioniert. Mit unterjähriger Inventur, mit Kontrollen, mit vielen Listen und noch mehr Zählungen, mit vielen Umschichtungen und vielen Schleppereien. DANKE!
Am Mittwoch griff mir unsere Verena unter den Arm, wir mussten morgens eine Spende in Asten abholen, 845 Stück Pizzen, 1 Palette, und dann anschließend gleich unsere Kühl- und Tiefkühlvorräte für den Verteil-Donnerstag mitnehmen in unser Lager nach Ansfelden. Die Pizzen waren gleich eingeladen, und ab geht’s Richtung Fa. Transdanubia, wo wir unsere Kühl- und Tiefkühlprodukte kostenlos lagern dürfen. Das ging alles ziemlich flott und all die mitgebrachten Kühlsachen müssen sofort wieder eingekühlt und eingefroren werden, am Donnerstag wird alles noch portioniert und neu verpackt. Ulli, Barbara und Martina, sie alle erledigen die notwendigen Vorbereitungen 100% und ich kann mich auf jede wirklich 100% verlassen. Das nimmt mir schon sehr viel Druck aus meiner Verantwortung am Donnerstag, alle sind sehr bemüht mich zu entlasten. Um 12 Uhr kam dann unsere Silvia, die sich binnen kürzester Zeit in all unsere Herzen kochte. Es verging kein tag an dem Silvia keine Torte, Kuchen oder Jause mit hatte. Diesmal brachte Silvia 2 warme Stelzen, selbst gemachten Kartoffelsalat und frisches Schwarzbrot mit. SENSATIONELL! Es macht so großen Spaß mit diesem, unseren Team zu arbeiten, dass ich euch das gar nicht sagen kann. Ich bin glücklich über jede/n Einzelnen in diesem Team, IHR seid großartig!
Um 14 Uhr kam dann der Rest der heutigen Mannschaft, Ingrid und Gerlinde, unsere Kleiderkönigin und unsere Prinzessin. Der Transporter ist gleich beladen und so fahren wir dann doch etwas verspätet erst um 15.20 Uhr ab, Richtung Linz. Dort warteten schon etwa 15 Schützlinge auf uns. Einparken, ausladen, Tische aufstellen, alle schweren Getränkekisten ans Ende der Tischreihe bringen, alle noch so „unwichtigen“ Kleinigkeiten ordnen und gleichzeitig bei den wartenden Schützlingen Ordnung und Disziplin einzufordern, Reihe mit 2 Meter Abstand und Maske.
Gleich zu Beginn kommen 3 Unbekannte, die glauben alles aufmischen und durcheinanderbringen zu müssen. Gleich eine Ansage machen, damit das nicht ausartet, bei solchen Situationen muss ich gleich reagieren, sonst macht jede/r was er/sie will, und das geht gar nicht. Ordnung ist für uns sehr wichtig, besonders den Verantwortlichen der ÖBB gegenüber, die uns diesen Standplatz erst ermöglichen. So wenig wie Alkohol bei unserem Bus geduldet wird, so wenig wird Unordnung geduldet oder gar Ausartungen. Um 16.10 Uhr, unsere Brigitte die im Bus die Lebensmittel ausgibt, liegt leider wieder im Krankenhaus, von hier aus dir liebe Brigitte alles, alles Gute. Deshalb steht heute unsere Beate im Bus und gibt aus.
Ab jetzt, 16.30 Uhr sollte ich es kalt-warm bekommen, eine Achterbahn der Gefühle durchfahren müssen. Um 16.30 Uhr kommt Sr. Lydia die mir hilft, 2 rumänische Bürger, die aus unerklärlichen Gründen nicht zur Caritas gehen wollen, wo sie eigentlich hingehören. Wir dürfen sie aufgrund ihres Status‘ gar nicht mit Spenden versorgen, wir machen uns strafbar. All meine Forderungen nach Papieren, nach Unterlagen oder Einkommensnachweisen wurde in keinster Weise nachgekommen, im Gegenteil, letzte Woche forderte die Frau noch öfters Rinds-Gulasch bei Brigitte nach, in einer frechen Art, die mir Momente lang meinen Mund offen stehen ließ, und deshalb fordern wir nun wie bei allen anderen auch, alle erforderlichen Unterlagen ein. Natürlich hatten Sie wieder keinen Ausweis, nichts an Unterlagen mit worauf ich den Beiden mitteilte, dass sie zur Caritas gehen müssen, denn dort wäre man zuständig für sie. Der Mann beschimpfte mich noch und zeigte mir den Mittelfinger, die Frau blieb in der Reihe stehen, bis auch sie verstand, dass sie hier heute nichts bekommt, und schon gar keine neue Kleidung, wo sie doch warm und anständig angezogen vor mir steht. Es dauert nicht lange, dann kommt auch der dritte aus dieser Clique und fordert ebenfalls stark wankend Lebensmittel und Kleidung. Ich bin der allerletzte der „nein“ sagt, aber wenn jemand so frech und so egoistisch mit uns umgeht und uns derartig anmotzt und uns dann noch den Mittelfinger zeigt, dann ist Schluss mit lustig.
Die drei verließen unseren Bus, und es kam Marcel, den ich fast jeden Samstag auch auf meiner Linz-Tour sehe. Marcel ist 22 Jahre jung und hat viel Blödsinn gemacht, er ist einsichtig und weiß, dass er einen schweren Weg vor sich hat. Er muss im März, so glaubte er, lange in Haft, für viele kleine Delikte fasste er 3 Jahre aus. Neustart, wo sein Bewährungshelfer ist, händigte ihm gestern Donnerstag den Brief der Justiz aus, dass, wenn er aufgefunden wird, er verhaftet und in die Justizvollzugsanstalt eingeliefert wird. Marcel ist völlig daneben, weil er nicht weiß, was auf ihn zukommt. Ich rate Marcel, er solle sich der Polizei umgehend stellen, damit er auch dem Richter bzw. dem Staatsanwalt zeigt, er übernimmt die volle Verantwortung und läuft nicht mehr davon. Marcel erklärte ich noch, dass er vielleicht diese Zeit in Haft als Chance sehen sollte, vielleicht kann er eine Lehre machen, vielleicht kann er Schulungen machen, aber was er ganz sicher kann, für sich diese Zeit zu nutzen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein besserer Mensch zu werden. Marcel möchte das unbedingt, er sieht auf seinem bisherigen Weg nicht viel Gutes, das möchte er ändern. Wir haben versprochen, ihn moralisch nicht fallen zu lassen, ihn ab und an zu besuchen, und ihm zu zeigen, dass es da jemanden gibt, der an ihn glaubt. Marcel zitterte und hatte Tränen in den Augen, ich machte ihm Mut, dass ER jetzt den ersten Schritt machen sollte, BEVOR die Polizei ihn findet. Er versprach mir, diesen Schritt zu machen. Marcel kam nicht alleine zum Bus heute, er hatte Markus im Schlepptau, und Markus erzählte mir von den Verhältnissen im Terminal und Bahnhof. Markus hat große Angst, deshalb rief ich am Gründberg an, da Gertrude ja ausgezogen ist, ist wieder ein Zimmer frei, und deshalb rufe ich Hr. L. an und mache alles fix für Samstag, für die Linz-Tour, da treffe ich Markus am Terminal und bringe ihn in sein neues Zimmer. Er ist überglücklich: „Ich bin ein Glückspilz, DANKE Walter“. Markus kullern Tränen über seine Wange und er nimmt mich in den Arm, er kann es nicht glauben nach all den letzten Nächten voller Gewalt und all den nächtlichen Besuchen. „Halte noch durch bis Samstag“ bitte ich Markus, ich schaffe es vorher nicht. Er zeigt mir den gehobenen Daumen und freut sich tierisch.
Marcel und Markus stehen beisammen, Markus macht Marcel auch Mut und rät ihm auch von einer „Flucht“ ab, was dann Marcel auch gleich wieder vergisst und mir nochmal in die Hand verspricht, sich baldmöglichst zu stellen. Jetzt war der Zeitpunkt da, wo wir zu dritt eine Runde die Tränen kullern ließen, Marcel, Markus und ich. Eine wahre Achterbahn der Gefühle.
Es dauert keine Viertelstunde, da kommt Felix zum Bus. Felix ist ein 23-jähriger Junge, Alkoholkrank, er kam letzte Woche erst aus einer Wiener Entzugsklinik, die er auf Revers verließ, weil seine Zimmerkollegen den Entzug nicht ernst nahmen und dauernd Alkohol aufs Zimmer mitnahmen. Felix sah darin keinen Sinn noch länger dortzubleiben, wo seine Zimmerkollegen die ganze Therapie konterkarieren. Felix möchte trotzdem den Entzug schaffen und bat seine Mutter, für ein paar Wochen nach Hause kommen zu dürfen, bis er sich gefestigt hat. Die Mutter lehnte wohlwissend, dass Felix obdachlos sein würde, gänzlich ab, er darf nicht einmal zu Besuch kommen. Ich rede Felix ins Gewissen und er verspricht mir, wenn er Arbeit bekommen würde, trinkt er keinen Tropfen Alkohol. Ich glaube ihm, er braucht eine Beschäftigung, er braucht eine Aufgabe und er braucht eine Selbstbestätigung. Markus, unser Kassier, sucht für seine Firma eine geringfügige Lagerkraft, ich rufe Markus an und schlage ihm Felix vor, er wird Felix am kommenden Montag anrufen und zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Jetzt liegt es an Felix, das Beste daraus zu machen. Felix stehen ebenfalls Tränen in den Augen, ein hochemotionaler Verteil-Donnerstag heute, besonders für mich.
Am anderen Ende unserer Tischreihe stehen Marcel und Markus, und hier Felix, die Schicksale gleichen sich immer wieder, ich kann nicht den Weg unserer Schützlinge gehen, aber ich begleite sie, liebend gerne auch weiterhin. Denn in den meisten Fällen haben diese Burschen, die uns sehr ans Herz gewachsen sind, eigentlich nie eine echte Chance bekommen, nicht vom Leben und schon gar nicht von der Gesellschaft. Sie fallen zu lassen, kommt für mich nicht in Frage, aber ich mache sie schon darauf aufmerksam, dass jeder von ihnen selbst gefordert ist, das Leben auf die Reihe zu bekommen. Marcel wird hoffentlich in Haft die Chance auf eine Ausbildung oder Schulung bekommen, und er hat dieses Leben auf der Straße satt, ich glaube er wird es schaffen, ein anderer Mensch zu werden. Felix wird ebenfalls seine Chance bekommen, mit einer bewältigbaren Aufgabe, mit einer zu Beginn, geringfügigen Arbeit und Markus, der Malermeister zieht am Samstag in sein Zimmer und ist dann weg von all den Gefahren am Terminal.
Nebenbei, als ich mit Felix rede, sehe ich heute Gaby bei unserem Bus, sie war lange nicht da, ich bin froh, dass sie es heute schaffte, von sich aus Hilfe zu suchen, was bei Gaby eine Seltenheit ist. All die Gespräche beim Bus gehen mir sehr nahe, ich muss hinter den Bus gehen, durchatmen und meine Gefühle neu ordnen. Beate hilft mir dann noch, Marcel gut zuzureden, und ihm zu zeigen, dass wir ihn nicht fallen lassen. Ab und zu lächelt er, ein gezwungenes Lächeln, aber mit 22 Jahren ist Marcel auch so fair, um einzusehen, dass sein bisheriger Weg, der absolut falsche war. Also einsichtig ist er und ich wünsche ihm so sehr und aus tiefstem Herzen, dass er in dieser Zeit das Beste für sich herausholen kann.
So einen emotional aufgeladenen Verteil-Donnerstag hatte ich noch nie. Noch nie habe ich so viel geweint, so oft den Atem gestockt, noch nie so oft die Zähne zusammengebissen, um nicht den Herrgott anzurufen und ihn zu bitten, herunterzuschauen. Um 18 Uhr räumen alle schon zusammen, ich stehe angewurzelt da und weiß nicht, wo ich mich hinstellen soll, um kein Hindernis zu sein. Ich gehe in den Bus und räume alle leeren und halbvollen Kisten ein, mache Ladungssicherung und zurre alles wieder fest, und mit jeder Sekunde denke ich an meine 3 Schützlinge, die immer noch dastehen, und sich gegenseitig gut zureden. Ich nehme alle 3 nochmal in den Arm, bevor ich einsteige und mit Tränen losfahre, Richtung Ansfelden, in unser Lager. Dort angekommen, gehen unsere Damen geschlossen zur Toilette und anschließend hört und sieht man nichts mehr von ihnen, ich gehe ins Lager und siehe da, die Jause von Silvia, die 2. Stelze mit dem Kartoffelsalat wird gerade verspeist. „Ahja, darum ist es hier so ruhig“ war meine Feststellung, als ich unsere Damen bei der Stelze sah. „Habt ihr euch verdient und ist ausgezeichnet und vorzüglich“. Silvia unsere Köchin drängt alles aufzuessen, was dann auch fast geschieht. Im Nu ist alles wieder ausgeladen und eingelagert, und in einem kurzen gemeinsamen Gespräch ziehen wir noch eine positive Bilanz über den heutigen Tag, an dem wir wieder helfen konnten.
Ich sitze heute, Freitag, bei diesem Posting nun schon seit 5 Stunden, um Euch hier in die Gespräche und Vorkommnisse mitzunehmen und einzuweihen, damit ihr nachvollziehen könnt, wie auch ein Donnerstag verlaufen kann. Unsere Verteil-Donnerstage sind nicht planbar, sind nicht nach 08/15 Vorgaben abzuspulen, dazu passiert viel zu viel vor Ort, zu viel an Gefühlen, zu viel an Nähe, zu viel an Menschlichem. Manchmal ist unser Verteil-Donnerstag eine schwere Bürde, manchmal eine große Hoffnung und manchmal, habe ich einfach nur DANKE zu sagen, an ALLE!
In meinem Kopfhörer läuft gerade Nana Mouskouri, „Bad Old Days“, und ich denke grade an meine „Bad Old Days“ zurück, als ich ein junger Mann war, ich war auch orientierungslos, war alleine und wusste auch nicht mehr, wohin ich gehöre, und auch ich war damals zum Teil schuld an meiner Situation, weil ich mit meinem Kopf durch die Wand wollte, aber auch weil damals niemand meine Hilfeschreie hörte. Das Leben machte den Menschen aus mir, der ich heute bin, viel erlebt, viel gesehen, und noch mehr dazugelernt, UM zu leben! Das Leben gab mir immer wieder Chancen, aber die musste ich mir alle mühsam erarbeiten, und so wird es auch Marcel schaffen, wenn er es schafft aus dieser Haft das Beste mitzunehmen. Und Felix werde ich selbst nicht mehr aus den Augen lassen, auch er braucht eine echte Chance. Und unser Malermeister Markus ist ab morgen vorerst in einem warmen Zimmer, OHNE Gewalt, ohne Angst und ohne sich fürchten zu müssen.
DANKE Herrgott, dass immer wieder Türen aufgehen, um überhaupt helfen zu können. Vergelt’s Gott liebe Spender/innen und Wegbegleiter, für Eure Aufmerksamkeit und auf die vielen Türen, die IHR uns immer wieder öffnet. Gott schütze Euch!