DANKE!
DANKE!
Schon als kleiner Bub wurde ich sorgsam von meinen großartigen Pflegeeltern herangeführt, was ein „Danke“ bedeutet, welchen Stellenwert dieses Wort, dieses innige Gefühl der Dankbarkeit, dass man im Wort Danke ausdrückt, besitzt. Zu dem Wort Danke gibt es eine kleine wahre Geschichte, als ich 4 Jahre alt war und vom Kindergarten heimkam. Diese wahre Geschichte begleitet mich bis heute und lässt mich an manchem zweifeln. Ich sehe auch diesen Film dieser Geschichte, wie sie sich wirklich zugetragen hat, immer wieder deutlich vor mir. Ich kam an diesem Sommersonnentag heim und meine Pflegemama begrüßte mich an der Wohnungstür und bat mich in die Küche, die wegen der Hitze von Balken abgedunkelt war. Da saß neben meiner Pflegemama (die bis dahin in meinen Gedanken immer meine einzige Mama war) eine mir unbekannte Frau: „Das ist deine richtige Mama, Walter“, sagte meine Pflegemama. Diese fremde Frau zeigte mir ein Zuckerlsackerl, und wenn ich schön „Danke“ sage und dieser Frau ein Bussi geben würde, würde es mir gehören.Schüchtern und frech, wie ich war, sagte ich zwar Danke aber gab ich ihr natürlich kein Bussi (könnte ja jede kommen), stibitzte mir das Zuckerlsackerl und lief in mein Zimmer in der Hoffnung, dass es nun mir gehören würde. Bussis werden doch überbewertet in so einem Alter, oder? Jedenfalls forderte meine „echte Mutter“ das Sackerl wieder zurück, weil es nichts nützte, dass ich 5-6-mal Danke sagte aber kein Bussi ablieferte. Süßigkeiten waren eine Seltenheit, und welcher kleine Bub mag keine Zuckerl? Naja, jedenfalls nutzte es nichts und ich musste das Zuckerlsackerl zurückgeben, auf Nimmerwiedersehen. Das war meine einzige „Erfahrung“ mit meiner richtigen Mutter. Bis heute beschäftigt mich diese Geschichte, wie man als „Mutter“ nur so sein kann. Die Frau ging ebenfalls und kam nie wieder. Später habe ich erfahren wie diese Frau mit ihren 8 Kindern umging, dass ich aber hier nicht ausbreiten werde. Einem 4-jährigen Kind zu sagen: „Bussi geben und Danke sagen, sonst nehme ich es wieder mit“ ist starker Tobak, aber es war genau so! Hier nutzte auch das mehrmalige Danksagen nichts, obwohl es aus tiefstem Herzen kam.
Was ich damit sagen möchte? Dass ich damals Danke sagte, war reine Berechnung, weil ich die Zuckerl haben wollte. Ob es Zuckerl sind, ob es 1 Stunde deiner Zeit ist, ob es eine herzliche Geste, ein Geschenk, oder einfach nur der Wunsch ist, Danke zu sagen. Es gibt so viele Facetten des Lebens, so viele Menschen, die nach einem Danke schreien, nach diesem Wort und dem Gefühl dahinter, bedingungslos verlangen. Am wichtigsten jedoch ist, es von Herzen zu sagen, es aus tiefster Seele ausdrücken zu wollen, an einen Menschen, der dir nah ist, der dein Herz berührt, der diesem Gefühl „Dankbarkeit“ Rechnung trägt und es in sein Leben schließt. Kleine Gesten die man für Menschen, für Freunde macht, verlangen oft nach diesem Ausdruck „Danke“, wobei viele dann als Antwort geben: „Bedanke dich nicht immer und nicht für solche Kleinigkeiten“. DOCH! Jede Wertschätzung, und dazu gehört, dass man sich bedankt, ist wichtig auszudrücken. Nichts im Leben ist selbstverständlich, nichts, und wenn Menschen für mich etwas tun, etwas machen, ist es das mindeste, Danke zu sagen. Ein so kleines Wort und so eine große Bedeutung, und noch niemand hat sich wegen einem Danke die Zunge gebrochen. Ein Danke reflektiert zuerst die Situation, die diese Dankbarkeit auslöste, und dem Menschen gegenüber, zu dem man es sagt, soll dieses tiefe Gefühl vermitteln, wie sehr man sich freut, dass dieser Mensch etwas für dich getan hat, aus freien Stücken und ohne Geld.
Ich habe früher bestimmt mein Leben genossen, viel Blödsinn gemacht und durch meine 18-jährige Tätigkeit in der Gastronomie kam ich nicht wirklich in eine Situation, in der ich mich, außer bei meinem Publikum, bedanken musste. Es war die Zeit, in der ich Alkoholiker war und Menschen nicht sehr nahe an mich heranließ, um nicht verletzt zu werden. Erst als ich 1995 zu saufen aufhörte und bald darauf der Gastronomie den Rücken kehrte, erst da erinnerte ich mich wieder meiner guten „Kinderstube“ und an das was mich meine Pflegeeltern lehrten. In diesem Jahr 1995 ging so ziemlich alles schief, was schief gehen konnte, vermeintlich. Zuerst verlor ich alles, kam zurück auf den Boden der Realität, war plötzlich von einem zum anderen Tag ein Sozialfall und eigentlich ein Fall für den Psychiater als für meinen Freund Andy. Ich zweifelte an allem und jedem, meine ganzen Sünden kamen zu Tage und ich bin zu allem gestanden, gerade und aus tiefster Überzeugung. Zu dieser Zeit war ich bereits 7 Monate trocken und nun wusste ich nicht mehr, wie es mir grade geschieht. Andy und seine Familie nahmen mich auf wie einen eigenen Sohn, behandelten mich als Mensch der ich damals war, und halfen mir in dieser Zeit wie es in meinem Leben vorher nur meine Pflegeeltern taten. So viele Ereignisse und Fehlentscheidungen von mir, die sie mir in tiefen Gebeten verziehen. Dafür ist es jetzt einmal an der Zeit, DANKE zu sagen. Ich habe ihnen das zwar schon oft gesagt und auch aus tiefstem Herzen so gemeint, aber noch nie mit so einer großen Überzeugung, wie heute. Andys Familie war es, die mich damals vom Suizid abhielten, mir das Wort Gottes erzählten, mir neue Ziele zeigten und mir nie ein schlechtes Gewissen machten. Es gab tausend Gründe, warum sie mich damals fallen hätten lassen, können, nein, sie begegneten mir mit Güte, mit Respekt, mit Liebe und mit Jesus‘ Worten.
Warum ich Euch das erzähle? Weil mich diese Zeit damals so sehr und so innig prägte, dass ich mich damals, 1995, wieder daran erinnerte was ich als 18-jähriger in meiner eigenen Obdachlosigkeit beschloss, dass ich irgendwann armen, obdachlosen und „schwachen“ Menschen helfen werde, so gut ich kann. Diese tiefe Dankbarkeit, die ich erfahren durfte von Andys Familie, begleitet mich jeden Tag, auch heute, und es war 2013 auch für mich der Grund, mit Rena die Privatinitiative „Obdachlosenhilfsaktion“ ins Leben zu rufen, um Menschen zu helfen. Damals wussten wir beide noch nicht wie lange oder wie intensiv wir diese Hilfe anlegen wollen, und wie wir den Menschen überhaupt helfen können. Gott war es, der uns die Wege zeigte, der uns auch zeigte wie sehr unsere Aktion gebraucht wird. Anfangs war es ein Facebook Posting, das unsere „Sammelaktion“ in die Welt getragen hat. Wir hatten ja keine Ahnung, ob es gut gehen würde, und wenn ja, wie wir alles bewerkstelligen können. Viele Unbekannte in einem eng abgesteckten Kurs, und niemand wusste was kommen würde. Ab diesem Moment damals, spürten wir deutlich, wie göttliche Unterstützung geht. Es gingen Tore und Türen auf, an die wir nie gewagt hätten, anzuklopfen. Schritt für Schritt, und es war immer auch unsere ehrliche und aufrichtige Dankbarkeit, die viele Spender öfters kommen ließen als 1-mal. Danke zu sagen war und ist nicht nur unseren Spendern/innen gegenüber essenziell, nein, ich sage DANKE Gott dem Herrn, dem Leben, dem Schicksal, den Engeln, dem Karma, meinen Freunden, meinen Feinden, der Politik, der Gesellschaft, vielen Menschen in ehrlicher, aufrichtiger Art, weil sie mich zu dem machten, der ich heute bin. Das Thema Obdachlosigkeit und Armut wird mich immer begleiten, und ich werde immer in Nächstenliebe handeln, werde immer dankbar sein für jeden Cent Geldspende, für jedes einzelne Duschgel, für jede Dose Fertiggericht, für jedes aufmunternde Wort, für jede Hilfe und Unterstützung, die uns diese Obdachlosenhilfsaktion ermöglicht. Ohne Euch können wir NICHTS tun, nirgendwo helfen und keiner obdachlosen oder armen Menschen unterstützen. Es wäre schlicht nicht möglich, zu helfen. Ich bin sehr, sehr DANKBAR, helfen zu können.
Wenn dann wieder an einem Verteil-Donnerstag einer unserer Schützlinge sagt: „Gäbe es Euch nicht, wäre ich schon lange nicht mehr auf dieser Welt“. Und das sagen nicht 2-3 Schützlinge, das sagen weit über 30 Menschen, die seit Jahren zu uns kommen, und sich bei uns Lebensmittel holen. Auch hier möchte ich DANKE an all unsere Schützlinge sagen, hätten sie kein Vertrauen zu uns würden sie auch nicht zu uns kommen. Vertrauen, Wertschätzung und Respekt ist unser oberstes Gebot im Umgang mit unseren Bedürftigen, und das spüren sie, ALLE! DANKE liebe Schützlinge, dass ihr an uns glaubt, dass ihr uns auch manchmal nur deshalb besucht, um zu reden oder uns etwas zu erzählen, im Vertrauen.
Was wir in den 8 Jahren schafften und auf die Beine stellten, lässt mich ein ganz lautes DANKE Richtung Himmel schreien. Ob es der kleine Bub war, der groß wurde mit einem DANKE im Herzen, ob es der abgestürzte, trockene Alkoholiker war, der in einer großartigen Familie aufgenommen wurde, die ich heute noch aus tiefstem Herzen liebe und der ich unendlich dankbar bin oder ob es der Mensch ist, der nun die 8. Saison mit seinem Team die Obdachlosenhilfsaktion steuert, ich kann nur DANKE sagen, an EUCH ALLE da draußen, die ihr uns Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat so toll unterstützt und uns diese Aktion erst ermöglicht. EIN DANKE ALLEN MENSCHEN, DIE DIESEN WEG MIT UNS GEHEN UND TATKRÄFTIG HELFEN! Und auch hier ist nicht nur das Wort Danke, sondern das innige Gefühl der Dankbarkeit, die viel mehr Emotionen und Gefühle abdeckt als das kurze Wort Danke. Ich würde meine Dankbarkeit auch gerne in einem Buch ausdrücken wollen und nicht in einem Wort, denn es wird der ganzen gefühlten Dankbarkeit nicht gerecht und doch bleibt dieses eine Wort, zum Ausdruck der Wertschätzung.
Bitte verzeiht, wenn ich Euch hier wieder so viel Text beschere, aber ich finde solche Dinge müssen auch mal angesprochen werden, weil es mein/unser Gefühl Euch gegenüber, erklärt und in die Welt trägt. Wir sind schon sehr glücklich, so tolle Menschen wie Euch als Wegbegleiter zu haben, die mit diesem Thema Obdachlosigkeit so wertschätzend umgeht, dafür ein dickes DANKE!
Der heutige Verteil-Donnerstag begann um 6 Uhr früh im Lager, alles vorbereiten und herrichten, um dann zeitgerecht starten zu können. Um 8.30 Uhr kam heute die großartige Spende von Wolfgang Mader, von Hr. Maier und von Christian Krainz. 3 prall gefüllte Trolleys waren aufzuräumen und einzulagern. Ulli und Barbara kommen pünktlich, und kümmern sich um die Lebensmittel, die aufgeteilt und neu verpackt werden müssen. In den letzten Tagen habe ich den Tiefkühlschrank gefüllt, heute wird umgepackt. Beim Einladen unserer Donnerstagswagerl platzte dann noch eine Packung haltbare Milch, die Beate mitten am Kopf und am ganzen Körper traf, auf einmal war Beate nass und voller Milch und weil ich etwas unüberlegt mit der Ameise rangierte, bekam ich die 2. Packung ab, nass und gepudelt wird fertig geladen, zuerst die ausgeschüttete Milch aufgewischt und dann brechen wir auf, Richtung Linz. Bei +1,5° geht es nach Linz. Beate ist schon in Linz, um uns einen Platz unter dem Dach freizuhalten. Klappt alles super, als wir um 15.30 Uhr ankommen, sind etwa 20 unserer Schützlinge schon da. Gesamt sollen es heute 105 Menschen werden, die uns besuchen und dringend Lebensmittel brauchen.
105 Schicksale, denen wir DANKE sagen, dass sie an uns glauben und wissen, dass wir sie niemals freiwillig im Stich lassen werden. Viele neue Menschen besuchten uns heute, neue Gesichter, schüchtern, bittend und ordentlich in der Schlange wartend. Vieles bekamen wir heute wieder zu hören, und abgesehen von einem einzigen den wir wegschickten, weil er frech war, wurde uns nur wertschätzend begegnet. Wenn jemand Hunger hat, keine Papiere vorzeigen will und dann aggressiv noch nachlegt und mich beschimpft, hat es sich ausgespielt, hier geht’s nicht weiter, das ist ein absolutes Nogo! Alle anderen waren glücklich, dass wir aufgrund des Lockdowns trotzdem, mit Erlaubnis des Krisenstabs der Stadt Linz, unseren Verteil-Donnerstag mit allen Auflagen, durchziehen und nicht auf sie vergessen. Das Round-up am alten Busterminal war fast einmal völlig umrundet mit unseren Besuchern, Wahnsinn, das hatten wir noch nie. Corona tut das seinige noch dazu, aber wir merken schon eine steile Kurve und sehen auch, was auf die Menschen grade zukommt, leichter wird’s bestimmt nicht mehr. Gesittet und ohne Allüren brauchen wir heute länger, bis 18.30Uhr, um alle Schützlinge zu bedienen. Die letzten hatten schon Angst nichts mehr zu bekommen, wir konnten sie beruhigen, es war genug da, für ALLE! Um 18.30Uhr einladen und abfahren ins Lager Ansfelden. Ein ungewöhnlicher Verteil-Donnerstag geht zu Ende, seit 4 Stunden schreibe ich nun an diesem Text und versuche möglichst authentisch zu sein.
Dieses Thema „DANKE“ schrie schon viele Wochen in mir nach diesen Zeilen, ich hoffe ihr verzeiht es mir, dass es wieder so ein langes Posting wurde. 00.44Uhr und ich höre grade „Little Ole Winedrinker“ von Merle Haggard, und wieder holt mich meine Vergangenheit ein, mit der ich aber mittlerweile gut umgehen kann, dank Rena, die mit mir den Weg damals mit allen Aufrüttelungen der Opferschutzkommission ging, viele Albträume, vieles das hochkam und vieles, was durch dich gut wurde. DANKE, liebe RENA!
Unseren Spendern/innen eine tiefe Verneigung und ein herzliches DANKE und Vergelt’s Gott, dass wir auch den heutigen Verteil-Donnerstag machen durften. Und ein besonderes DANKE an unser Team, das heute wieder tolle Arbeit leistete. DANKE und ein… schön, dass es Euch gibt und dass wir diesen Weg gemeinsam gehen. 😊