Die tote Taube fliegt nicht mehr!
DONNERSTAG 21.1.2021: Diese Woche beginnt turbulent, der eigentlich geplante Urlaub fällt wieder ins Wasser, buchstäblich. Viel Schnee und noch mehr Chaos war zum Wochenbeginn auf den Straßen zu finden, oft Glück gehabt, dass nichts Gröberes passiert ist.
Montag diverse Abholungen machen, St. Valentin, Wels, Kirchdorf usw., abends ist ein Treffen unseres Teams im Lager geplant, um all den neuen Mitgliedern unseren Verein und unsere Aktion näher zu bringen und zu erklären. Viele Dinge bleiben ja normal im Verborgenen, die ich alleine mache und sonst niemand sieht. So wie auch viele Aktivitäten abseits von allen Postings. Die Aktionen und Fahrten die wir auf Facebook und der Homepage veröffentlichen, machen ja nicht einmal 20% aus. Die meiste Arbeit liebe Leute, geht spurlos an Euch vorüber. Egal ob das nun diverse Einholungen, viele Termine mit Spendern oder Interessenten sind, oder die (fast) täglichen Fahrten abends nach Linz um nachzuschauen, ob eh alles in Ordnung ist und jede/r gut versorgt ist. All die Arbeiten den ganzen Tag über wollten unsere neuen Mitglieder wissen, wollten erfahren wie unsere Aktion im Detail abläuft und auf was wir besonderes Augenmerk legen müssen. Teilweise entstand eine kontroverse Diskussion aber ich denke ich konnte alle Fragen beantworten. Um 19 Uhr war dann das Treffen (natürlich mit dem gebotenen Abstand) zu Ende. Der Dienstag begann eigentlich ruhig, hatte endlich einmal ein bisschen länger schlafen können, morgens stand kein Termin im Planer. Zu Mittag kam dann (wie in einem anderen Posting bereits veröffentlicht) ein Hilferuf aus Hallein, von A.. Wir konnten sie tatsächlich von Hallein nach Linz holen und dank Dieter Nöbauer in einem warmen Zimmer unterbringen. Viele weitere Schritte warten nun, abgearbeitet zu werden, Hauptwohnsitz, AMS und…und…und, Hauptsache wir konnten die Obdachlosigkeit von A. verhindern. Abends ging es dann mit Beate und Silvia auf die Linz-Tour, wo wir die Hotspots mit unserem Not Paket abfahren und nach unseren Schützlingen schauen, ob etwas fehlt. Nachdem ich A. beim „Wirt zur ew’gen Ruh‘“ abgeliefert habe, fahren wir unsere Tour weiter nachdem wir schon bei Thomas, Christian und Steffen zu Besuch waren und hier Lebensmittel und Hygieneartikel mitgenommen haben. Als ich zurückkam zum Bahnhof um die wartende Beate abzuholen, fuhren wir nur die paar Meter ins Terminal zu Gaby und allen anderen. Eine große Runde am Terminal zu Fuß um mit jeder/jedem ein paar Worte wechseln zu können. Nach dem Terminal geht’s in den Schillerpark und unter eine neue Autobahnbrücke, um dort Menschen die auf der Straße leben, zu versorgen. Ein paar Worte mit Franziska gewechselt und ihr deutlich gemacht, dass sie jederzeit am Donnerstag zu unserem Bus kommen kann, wir sie aber nicht mehr exklusiv versorgen, d.h. dass wir ihr die benötigten Sachen nicht mehr nachbringen, sondern sie den Weg zu unserem Bus suchen muss.Abschließend waren wir noch im Hafengebiet unterwegs, fanden aber auch dort niemanden mehr, durchgefroren fuhren wir zurück ins Lager und brachten alles wieder ins Lager. Der Mittwoch war dann geprägt von vielen Spendenabholungen, in Haid, Wels, Pasching, Linz usw., zu Mittag half mir dann Verena bei all den kräfteraubenden Arbeiten. Und zum Abschluss dieses Mittwochs fuhren wir noch zu A. um einiges zu erfahren und abzugleichen, was in Zukunft möglich ist, was A. arbeiten möchte, wie sie sich ihre Zukunft vorstellt. Es war ein gutes Gespräch, aber schon sehr voller Traurigkeit bei A., ihre 3 Kinder fehlen ihr so sehr. Dann nochmal kurz nach Ansfelden fahren, Verena hat dort ihr Auto stehen. Zwischendurch ein Anruf: „Können Sie 8 Paletten Krapfen brauchen?“, poah, 8 Paletten, ja, können wir gut gebrauchen. Ein 2. Anruf einer anderen Firma bietet uns 23 Paletten Germknödel an – uiuiui, 23 Paletten, Wahnsinn! Der nächste Anruf kommt direkt aus dem Brucknerhaus in Linz: „Bei uns unterm Baum schläft schon lange Zeit ein Obdachloser, dem hat man nun Decken und Schlafsack gestohlen“, klar und ohne Frage, dass unsere Silvia ins Lager kommt, die Dinge abholt und losfährt nach Linz zum Brucknerhaus und dort die Sachen abgibt. Ich merke wie mir der Tag in den Gliedern sitzt, wie müde ich bin und kraftlos. Der Abend schenkt mir 2 Stunden Schlaf auf der Couch, ehe ich wieder am PC weiterarbeite bis 3 Uhr früh. Donnerstag früh, 9 Uhr Abfahrt ins Lager um alle Vorbereitungen für den heutigen Verteil-Donnerstag abzuschließen. TK-Lager war ja Mittwoch schon abgeholt worden. Ulli und Robert helfen bei den Kontrollen der Lebensmittel die wir aus Haid holten. Alles läuft wie geschmiert, es geht voran. Maria kommt heute nicht, drum kümmern sich Barbara und Verena um Leberkäse, Käse und Wurst, alles portionieren und einpacken, Tee kochen und die Kühlboxen befüllen. Um 13.45 Uhr beginnen wir mit Transporter beladen, geht alles richtig gut von der Hand.
Um 15.15 Uhr Abfahrt nach Linz, bei 0° und grauem Himmel, wo doch für heute Sonne prognostiziert war, schade, Sonne wäre für die Seele gut. Als wir in Linz ankommen, warten schon 23 Schützlinge auf uns. A. hat auch grade angerufen und wird sich ein paar Sachen holen, sie hat ja fast nichts mitnehmen können aus Hallein. Als wir den Transporter und den Anhänger abstellen, kommt auch unser Taubenmörder Stefan, dem ich letzte Woche schon sagte: „so nicht“, heute provoziert er mit einem Doppelliter Wein, an dem er nuckelt und den er demonstrativ neben seinen Rucksack stellt. Jetzt ist Schluss mit lustig, Ich streite nicht mehr mit ihm. Ich mag auch heute nicht mehr reden mit ihm. Hr. S. von den Lions Biophilia besucht uns heute und möchte sich unsere Aktion aus der Nähe anschauen, er ist sichtlich beeindruckt und von hinten stänkert dauernd Stefan, dem ich kein Gehör mehr schenke, weil er immer aggressiver wird. Als Hr. S. sich verabschiedet sagte ich Stefan noch einmal, dass er aufgrund seines Verhaltens heute und die nächste Woche bei uns nichts bekommt, keine Lebensmittel, keine Jetons und kein „Ich habe dich gern Lächeln“ ernten wird. Sein Verhalten könnte auch zur Folge haben, dass wir hier einen Platzverweis bekommen und dann all unsere Schützlinge dastehen und nichts mehr bekommen, nur, weil ein Herr Stefan nicht weiß wie man sich benimmt. DAS KANN ES NICHT SEIN! Unter laut schimpfendem Protest verlässt er unseren Verteilplatz, nicht ohne mir nochmal mit seinem Finger zu zeigen, was er grade von mir hält. Momente später kommt Sr. Lydia, weil sie für ihren Schützling Christian dringend einen Pullover in L braucht. Noch ein paar Worte mit Sr. Lydia und dann ruft man mich schon wieder an beiden Enden unserer Fahrzeuge. A. ist hier und holt sich Socken, Winterschuhe, Hausschuhe, Winterjacke – passt leider nicht, und sie nimmt sich Lebensmittel mit, Dieter stellte ihr ja einen Kühlschrank ins Zimmer, Wasserkocher und Mikrowelle folgen bald. Fürs Erste kann sich A. was zum Essen machen und sich versorgen, zusätzlich bekommt sie auch warme Mahlzeiten von Dieter, einfach großartig! Eine Spenderin bringt uns € 20,- Geldspende und Lebensmittel vorbei, recht lieben Dank dafür. Die Schlange wird nicht kürzer, es dunkelt langsam ab und die Schlange ist immer noch gleich lang wie zu Beginn, am Ende sind es heute 95 (!) Schützlinge die heute zu unserem Bus kommen und sich Lebensmittel, Hygieneartikel, Schlafsäcke und Isomatten, Winterjacken und Schuhe holen. 95 Menschen die nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind und teilweise alles, sogar ihre Familie verloren haben und jetzt ein Dasein auf der Straße fristen. Oh du „reiches“ Österreich, wie arm Du doch in Wirklichkeit bist, überhaupt Menschen auf der Straße schlafen zu lassen. Unser ach so dichtes, soziales Netz, das in vielen Fällen erst gar nicht aufgespannt wird, das viele Menschen nicht auffängt, viele Menschen nicht leben, sondern vegetieren lässt. Mit den Themen Armut oder Obdachlosigkeit kann man halt keinerlei neue Wählerschichten dazugewinnen, ganz schlimm, wenn Politiker sich von diesen Themen nicht angesprochen fühlen. Sie sind ja gewählt um FÜR die Menschen Politik zu machen, leider merkt man von diesem Auftrag nicht mehr viel. Der Verteil-Donnerstag geht langsam aber sicher so um 18.45 Uhr, 45 Minuten später als geplant, zu Ende. Unsere 16 Liter heißen Tee brachten wir nicht ganz an den Mann…die Frau, unser Obst und Gemüse wurde gänzlich geplündert und heute gaben wir wieder 60 Nächtigungsjetons an unsere Schützlinge aus, um ihnen wenigstens ein paar warme Nächte in der Notschlafstelle zu gönnen. Als wir beginnen aufzuräumen merke ich, wie tief der Winter mir schon im Nacken sitzt, dem ganzen Team ist jetzt schon kalt, wir beeilen uns und fahren dann im Schnelltempo nach Ansfelden, auszuladen und einzulagern. Das anschließende Resümee unseres heutigen Teams war durchwachsen, aber fast alle Aussagen waren positiv. Wir werden uns auch weiterhin bemühen unseren „Auftrag“ in die Stadt hinauszuschreien, alle Bemühungen auf uns zu nehmen und weitermachen, so lange es irgendwie geht. Das versprechen wir Euch! Vielen herzlichen Dank an unser gesamtes Team heute und eine tiefe Verneigung an unsere Spender/innen, das wir auch heute wieder den Menschen dienen durften. Vergelt’s Gott und habt großen Dank! Für mich geht’s noch ein wenig weiter hier am PC, wie jede Woche, Euch wünsche ich eine gesegnete Nacht und alles liebe! Danke, dass es EUCH gibt.