Linz-Tour mit vielen Unbekannten!
Update 6.3.2021: Gestern Samstag, 18 Uhr bei der Metro war Treffpunkt für Petra, Stefan und mich, um unsere Linz-Tour zu fahren. Die 4. (!) diese Woche, immer Abends fahren wir die Hotspots ab um unsere Schützlinge mit dem Nötigsten zu versorgen.
Von der Metro ging es nach Ebelsberg unter eine Brücke zu Thomas, dessen Bruder bald wieder aus der Haft zu ihm kommen wird. In der Zwischenzeit hat Thomas auch einen neuen Nachbarn bekommen, der im Zelt neben ihm schläft, gestern aber nicht da war. Thomas haben wir Unterwäsche, Socken und Lebensmittel sowie Gaskartuschen uva. mitgebracht. Von Ebelsberg ging es danach auf den Freinberg in ein Abbruchhaus, zu Daniel, Heidi und Stefan, das Haus von innen mit einem Haken verschlossen, meldet sich niemand, auch Stefans Hund nicht, ein Zeichen dass hier etwas passiert sein muss, entweder weggezogen oder rausgeworfen worden.
Mal schauen, die Jungs kommen sicher kommenden Donnerstag zum Bus. Vom Freinberg geht es in die Tiefgarage, wo Michi und Ossi die letzten Monate nächtigten, in einer abgelegenen Ecke, wo sie niemand stören, möchte man meinen, und trotzdem ist niemand mehr da, alles sauber geputzt, also auch hier kein Glück, niemand mehr da. Vor ein paar Wochen meinte ja Ossi noch, er wolle nach Dortmund und Berlin weiterziehen, keine Ahnung ob er das nun verwirklicht hat. Jedenfalls ist auch in der Tiefgarage nahe Taubenmarkt niemand mehr. Weiter geht's in den Volks- und Schillerpark, die stärksten Hotspots. Eine Runde im Volksgarten zeigt uns eine Familie Sinti/Roma wo die kleinen Kinder ohne Schuhe umherlaufen, bei dieser Temperatur von etwa 1°, vom Volksgarten weiter zum Schillerpark, wo alle Mülltonnen hoffnungslos übermüllt sind und uns dauernd Ratten begleiten und unseren Weg queren. Ganz hinten sehe ich jemanden auf der Parkbank mit einem Schlafsack liegen, den Schlafsack über den Kopf gezogen, ein zweiter Schützling geht gerade aufs Dixi-WC und ich fragte ihn wer das hier sei? Eine Stimme aus dem Inneren des Schlafsacks meinte dann "Du kennst mi eh, i bins da Michi". Michi der eigentlich in der Tiefgarage sein sollte, liegt hier im Schillerpark mit einem Sommerschlafsack, 1 kaputter Turnschuh steht auf dem Sand und sein Rucksack steht geöffnet etwa 1 Meter von seiner Bank entfernt, ebenfalls am Sand. Michi friert und hat Hunger, Durst, würde gerne einen warmen Winterschlafsack, Isomatte und eine warme Winterjacke und warme Winterschuhe haben. Stefan geht zum Bus und holt einen Schlafsack und eine Isomatte, bis Michi meint: "Hunger hätte er auch".
Also auf zum Bus, die Polizei beim Casino fragen ob ich zufahren darf: "Ja klar, fahren sie zu, kein Problem". Ich hole unseren Bus zum Schillerpark. Der andere Obdachlose vom Dixi-WC holt sich auch Lebensmittel und einen Schlafsack und geht dann Richtung Straßenbahn. Für Michi richten wir ein Sackerl voller Lebensmittel/Jause, neue Schuhe und eine Winterjacke zusammen, und bringen ihm dieses Sackerl. Angekommen bei Michi sehen wir, wie der andere Obdachlose bei der Haltstelle unsere Spenden auch an 4 seiner "Freunde" verteilt, die schon lange nicht mehr zum Bus dürfen, weil sie uns permanent belogen. Werde ich mir merken, da auch seine Aussage "am anderen Ende vom Schillerpark schlafe ich" nicht wahr sein dürfte. Aber er kommt regelmäßig zum Bus um Donnerstag, und jetzt muss er halt eine Einkommensbestätigung (die wir für alle zur Zeit nicht verlangen dürfen, wegen Corona) bringen, die seine Bedürftigkeit bestätigt. Wir lassen uns ungern vergackeiern oder vorführen. Michi jedenfalls freute sich riesig über Zigaretten, neue Schuhe, Winterjacke, Winterschlafsack und und und, Zitat: "Ihr seid a Hammer, Wahnsinn, Danke Danke Danke". Alle unsere Schützlinge sind sehr dankbar, bis dann solche kommen und uns ausnutzen. Ja, wir werden reagieren, versprochen! Von Michi und dem Schillerpark geht es zum Terminal, zu Gaby, Elke, Renate und zu, Christoph. Christoph ist ein junger Mann ohne Pass ohne Papiere, ohne Anspruch und ohne Versicherung. Er ist gebeutelt vom Leben und erzählt uns immer wieder, was andere Sozialarbeiter ihm alles versprochen und nicht gehalten haben. Tja! Wir verteilen heißen Tee, Lebensmittel, Hygieneartikel und alles andere was wir mithaben.
Der Herr "Ingenieur" von der Unterführung beim Barbara Friedhof nächtigt ebenfalls am Terminal, ich biete ihm einen Becher heißen Tee an, was er mit aggressiven Gesten ablehnt. Der junge Mann, dessen Opa und Eltern Nächtelang neben ihm stehen, und die er so derb beschimpft, mag ebenfalls keine Hilfe haben. Wir gehen unsere Runde am Terminal, es ist bereits 20.30 Uhr und Andy ruft an "Wann kommt ihr denn"?", ja, eine Weile wird's noch dauern, lieber Andy. Vom Terminal fahren wir zu A. aus Hallein, sie hat kommende Woche 2 Vorstellungstermine und bekommt nun AMS Geld. Erste Erfolge so dass sie zur Ruhe kommen kann. Dann eine SMS von Karin Thalhammer, die Andy das Zimmer besorgte und mit ihm Bewerbungen schrieb, sich wirklich rührend um Andy kümmert und vieles von dem was jetzt passiert, erst möglich machte. "Andy schickt ein SMS und er möchte am Montag wieder abhauen, weil ihm alles viel zu langsam geht und er sich unserer Hilfe schämt". Ich habe ja von Hr. Bramberger (Fa. SNP) letztes Jahr ein TOP-Mountainbike bekommen, das ich heute dabei habe für Andy, da er besessener Mountainbiker ist. Vielleicht hilft ihm das Fahrrad, seine Situation ein wenig erträglicher zu machen. Außerdem hat Andy kommenden Montag einen Vorstellungstermin in der Voest, wo er wieder so gerne arbeiten würde. Wir fahren direkt von A. zu Andy auf den Gründberg. Dort angekommen hole ich Karin zu uns, um gemeinsam zu Andy zu gehen. Im Zimmer mache ich Andy klar, dass es hier schon um SEINE Situation geht, die wir verbessern wollen, ich mache ihm klar, dass solche SMS absolutes NoGo sind, vor allem gegenüber Karin, die sich so aufopfert für ihn. Ich sage Andy deutlich, dass wenn er wieder abhauen möchte, er dann schnell und sicher wieder am Terminal landet, wir dann aber als "permanente Hilfe" nicht mehr da sein werden. Er kann auch wie jede/r Andere am Donnerstag zum Bus kommen und sich Lebensmittel holen, aber mehr wird dann nicht mehr drinnen sein. Das betone ich wirklich zutiefst und Andy weint und weiß was das für ihn heißt. "Nein, bitte nicht, bitte nicht". Ich hab ein BlackOut gehabt, und werde so ein SMS nie wieder schreiben. Danach kommt Andy mit der ganzen Wahrheit raus, dass er bei seinen Eltern mit den Worten "Versager" aus dem Elternhaus geworfen wurde und dass sich letzte Woche sein bester Freund umgebracht hat. Tja, da brauch ich jetzt nichts mehr sagen, nichts mehr deuten. Ich mache immer wieder klar dass das wahrscheinlich seine letzte Chance sein wird, die er am Besten nutzen sollte. Er hat ein Zimmer, einen Hauptwohnsitz, Vorstellungstermine und alles geht in die richtige Richtung, und jetzt abhauen? NEIN, geht gar nicht! Er ist einsichtig und verspricht uns, alle Termine einzuhalten und gemeinsam mit uns an seiner Zukunft zu arbeiten. Die Übergabe von dem Fahrrad war dann DAS Highlight, er freute sich wie ein kleiner Junge und schmiedete schon Pläne, was er in nächster Zeit alles abfahren möchte. Wenigstens diese Überraschung ist gelungen. Weiter geht's vom Gründberg zu Florian an der Donaulände, Florian braucht Unterwäsche und Handschuhe, er kommt mit zum Bus und lehnt alles andere mit "Nein Danke" ab. Florian verschwindet wieder in der dunklen und kalten Nacht, zur Zeit schon -1°, nächste Station die Garage am Bahnhof, heute ein totaler Zickzack Kurs durch SMS oder andere Vorkommnisse. In dieser Garage heute ebenfalls kein Obdachloser, weiter geht's dann noch zum Pleschingersee, da dort auch Obdachlose nächtigen, ein gebündeltes Paket in der Ecke zeigt mir, dass zur Zeit niemand da ist, aber hier sonst jemand nächtigt. Es ist mittlerweile 22.30 Uhr und wir beschließen, es gut sein zu lassen, da wir ja schon lange auf den Beinen sind, Vormittag Spendenannahme bis fast 15 Uhr, danach Vorbereitungen für den Abend und um 18 Uhr Treffpunkt. Also ab Richtung Lager Ansfelden, da wir Minusgrade haben müssen wir alles aus dem Transporter ins Lager schaffen, bevor es kaputtgeht wegen der Kälte. Im Lager schnell alles ausladen, und dann wieder Richtung Metro, wo Petra und Stefan ihre Autos stehen haben. Es war ein komischer, unrunder Abend, an dem wir aber über weite Strecken wieder tolle Hilfe leisten konnten, wenngleich auch mit einigen Einschränkungen. Kommende Woche wird wieder eine tiefer Minus vorausgesagt, dann werden wir wieder auf "Tour" zu unseren Schützlingen sein. Danke an Petra und Stefan und an all unsere Spender, dass wir immer wieder auch auf diese "Art" helfen dürfen. Vergelt's Gott und Danke!